Auf einen Blick
- Bieler Anwohner kämpfen gegen die Entfernung von Parkplätzen
- Gemeinderat will Parkplätze für Veloroute opfern, Anwohner sind sauer
- 22 blaue Parkfelder sollen in der Krähenbergstrasse gestrichen werden
Viele Städter mit Auto kennen das Problem: Nach einem langen Arbeitstag freut man sich auf einen gemütlichen Abend, doch auf der Suche nach einem Parkplatz fährt man schon zum dritten Mal an seinem Haus vorbei. Diese Situation kennt auch Stephan Grötzinger (58) aus Biel BE nur zu gut. Und schon bald könnten die Parkplatz-Verhältnisse in seinem Wohnquartier noch prekärer werden.
Mitte September verkündet der Gemeinderat, die Bieler Stadtregierung, dass in der Krähenbergstrasse im Lindenquartier alle 22 Parkfelder der blauen Zone entfernt werden sollen. Der Grund: Die Strasse ist zu schmal, als dass sich Auto und Velo gefahrlos kreuzen können. Da hier künftig eine «Velo-Komfortroute» verlaufen soll, muss der Einbahnverkehr für Velos aufgehoben werden. Das braucht Platz, deshalb müssen die Parkplätze weg, so die Begründung von Gemeinderätin Lena Frank (Grüne), Direktorin Bau, Energie und Umwelt der Stadt Biel. Ein Problem sieht Frank darin nicht, sie schreibt, dass es aktuell im Lindenquartier rund 300 blaue Parkfelder sowie 800 private Parkfelder gibt.
«Verkehrssicherheit ist ein vorgeschobenes Argument»
Dem widerspricht Grötzinger: «Im betroffenen Perimeter gibt es lediglich 78 blaue Parkfelder für rund 165 Haushalte, die keinen eigenen Parkplatz haben.» Die Situation sei so angespannt, weil schon vor drei Jahren 21 blaue Parkplätze entfernt worden seien.
Auch mit der genannten Gesamtzahl der Parkplätze im Quartier ist Grötzinger nicht einverstanden. Seine eigene Zählung ergibt: rund 230 blaue Parkplätze, etwa 70 weniger als die Stadt nennt. Hinzu komme, dass im Viertel rund um die Krähenbergstrasse die auf der Kippe stehenden 22 Parkplätze die einzigen seien. Heisst: Wer Pech hat, muss durch das gesamte Lindenquartier fahren, um ein freies Parkfeld zu finden. Gerade für Anwohner wie den Rentner Robert Favre (87) stellen lange Fussmärsche aber ein grosses Hindernis dar. Er wohnt bereits seit 40 Jahren im Quartier und sagt zu Blick: «Das Parkieren war hier schon immer schwierig, aber so schlimm wie jetzt war es noch nie.»
Stephan Grötzingers Lösung für das Dilemma ist einfach: Die parallel zur geplanten Velo-Route verlaufende Waldrainstrasse sei wesentlich besser geeignet, weil sie weder Parkplätze noch ein Velo-Einbahnregime habe und übersichtlicher sei. «Darum fahren auch alle dort mit dem Velo durch», sagt er. Deswegen ist für Grötzinger klar: «Die Verkehrssicherheit ist ein vorgeschobenes Argument, um generell Parkplätze in Biel zu streichen – egal ob es hier Sinn macht.» Er findet, dass die ab 2035 geplante «Velo-Komfortroute» deshalb in die Waldrainstrasse verlegt werden sollte.
Anwohner von gebrochenem Versprechen enttäuscht
Was die Anwohner besonders empört: Noch im Sommer versprach die Gemeinde, höchstens elf der Parkplätze in der Krähenbergstrasse zu entfernen. Die Vereinbarung zwischen Beamten des städtischen Baudepartements und Vertretern des Quartiervereines wurde in einer offiziellen Aktennotiz festgehalten. Dort steht: «Geschätzt wird, dass höchstens die Hälfte der 22 Parkfelder aufgehoben werden müssen.» Auch die Beschlussvorlage an den Gemeinderat spricht von elf Parkplätzen und schliesst die Aufhebung aller 22 Parkplätze explizit aus.
Roland Eggli-Aerni (58), Anwohner und Stadtrat, hat den Deal mit ausgehandelt und ist vom Entscheid des Gemeinderats enttäuscht. Zwar habe das Bieler Stadtparlament beschlossen, dass die öffentlichen Parkplätze in den nächsten zehn Jahren um ein Drittel reduziert werden müssen. Dabei sei es aber hauptsächlich um Parkplätze in der Innenstadt gegangen. «Es war nie die Absicht, Parkplätze aus dem öffentlichen Raum in die Privatgärten zu verdrängen!» Doch genau das dürfte jetzt passieren. Das bestätigt Stephan Grötzinger: «Wenn die öffentlichen Parkplätze verschwinden, muss ich aus meinem kleinen Garten einen Parkplatz machen.» Aber nicht alle hätten diese Möglichkeit. «Viele Anwohner wissen nicht, wo sie künftig ihr Auto abstellen sollen.»
Bieler Gemeinderätin hält an Entscheid fest
Gemeinderätin Lena Frank bedauert die Unzufriedenheit der Anwohner. Sie widerspricht aber ansonsten jedem Fehlverhalten, die Aktennotiz des Baudepartements sei rechtlich nicht bindend. «Ausserdem geht es bei der Reduktion der Parkplätze in Biel nicht explizit um die Innenstadt.» Auch eine Anpassung des Verlaufs der Veloroute liege nicht in ihrer Hand. «Die Route wurde in einem Prozess erarbeitet und vom Kanton genehmigt.»
Trotz allem will der Quartierverein weiterkämpfen, hat sogar eine Petition gestartet, die bereits über 500 Menschen unterschrieben haben. Zudem wurden über 30 Beschwerden verschiedener Anwohner beim Regierungsstatthalteramt eingereicht. «Die Stadt soll sich an die gemachten Abmachungen halten und endlich auf die Bedürfnisse ihrer Bürger eingehen», sagt Grötzinger.