Über 20'000 Franken Schaden hat Verena E.* (48) beim Auszug hinterlassen. Nicht mal ein Jahr hat sie in der Wohnung von Siegmar Burkia (57) gewohnt, doch der Vermieter steht nun vor einem Scherbenhaufen, den er ganz allein beseitigen muss. Da ist er nicht der Einzige. Denn als Mietnomadin hinterlässt Verena E. eine Spur der Verwüstung – und niemand kann sie stoppen.
Schon beim Betreten von Burkias zweistöckigen Haus in Wangen an der Aare BE wird man vom ersten Überbleibsel von E. begrüsst: In der Steintreppe klaffen 10 Löcher, aus ihnen ragen 10 Zentimeter lange Stahlschrauben. «Hier war ihr Rollstuhl-Lift befestigt», erzählt Burkia. «Er sollte nur übergangsweise sein, bis die IV einen Aussenlift ins Wohnzimmer baut.» Später habe er erfahren, dass die IV einen solchen Aussenlift gar nie bewilligt habe. «Ihr Gesuch wurde abgelehnt, noch bevor sie den Mietvertrag unterschrieben hat. Sie hat mich angelogen. Hätte ich das gewusst, hätte ich sie nie einziehen lassen.»
Über 20'000 Franken Schaden
Die Reparatur der Treppe würde Burkia laut Kostenvoranschlag mindestens 2000 Franken kosten. Zudem müsse er den Parkettboden in der gesamten Wohnung erneuern lassen. «Der Boden im Wohnzimmer war voller Hunde-Urin und -Kot, das hat sich im Holz festgesetzt.» Auch beim Besuch von Blick hängt ein penetranter Urin-Gestank in der Luft. Kostenvoranschlag: rund 10'000 Franken.
Dazu kommen 5000 Franken, um die Wände von Zigaretten-Ablagerungen zu befreien und neu zu streichen. «Wir hatten ausgemacht, dass sie nur in der Küche rauchen darf. Aber daran hat sie sich nicht gehalten.» Des Weiteren hat es an den Türrahmen Schäden auf Rollstuhl-Höhe, Dutzende Löcher in den Wänden, Schimmelflecken im Bad und der WC-Deckel sowie die Lampen sind weg.
Vor fast genau einem Jahr zog Verena E. in Burkias frisch sanierte Wohnung. Als der Vermieter die Wohnung im April erstmals wieder betrat, war er geschockt: «Überall war Müll und es hat bestialisch gestunken. Es war so schlimm, dass ich mit der Hand vor der Nase herumlaufen musste.» Da die Wohnung sei E.s Auszug Ende Juli leer steht, hat Burkia bislang vier Monatsmieten verloren. «Ich habe nicht das Geld, um schon wieder zu sanieren.»
Noch mehr geschädigte Vermieter
Bei Edmund B.* hat Verena E. von 2013 bis 2017 gewohnt. Er sagt: «Ich habe jahrelang viel toleriert, weil sie mir leidtat.» Doch als E. angefangen habe, ihren Müll nicht nur in ihrer Wohnung, sondern auch rund ums Haus zu lagern, kündigte er ihr. «Sie macht, was sie will und schert sich einen Dreck darum, wer dafür zahlen muss.» Beim Auszug habe sie einen Schaden von über 5000 Franken hinterlassen.
Danach wohnte Verena E. bei Birgit A.*. Diese sagt: «Ich hege keinen Groll gegen sie. Aber als sie auszog, ohne die Kündigungsfrist einzuhalten, habe ich Mietzinsen verloren. Da hätte ich mir Unterstützung von Pro Infirmis erhofft.» Die Behindertenorganisationen hatte den Erstkontakt zu E. hergestellt. «Doch sobald es Probleme gab, liessen sie mich ich allein.» Auch gegenüber Blick verweist Pro Infirmis schlicht auf das Mietrecht.
Verena E. widerspricht Vorwürfen
Auf Anfrage von Blick ist sich Verena E. keiner Schuld bewusst. Edmund B. habe sich an ihr bereichert. «Als nichts mehr zu holen war, wollte er mich loswerden.» Siegmar Burkias Wohnung habe sie gereinigt und ohne Schäden verlassen. «Ich habe nur in der Küche geraucht, eine solche Abmachung gab es aber nie.» Auch wegen des Aussenlifts hätte sie nie gelogen. «Weil ich aus einem anderen Kanton hergezügelt bin, haben die Abklärungen länger gedauert.»
Ihre einzigen Schäden an Burkias Haus seien die Stahlschrauben in der Treppe, so Verena E. «Als wir meinen Lift abbauten, hatten wir leider keine Metallsäge dabei. Aber dafür habe ich meine Haftpflichtversicherung, die Baloise.» Auf Burkias Anfrage antwortet die Baloise, dass keine Schäden übernommen werden. Sie schreibt: «Bewusst vorgenommene Veränderungen und allmählich entstandene Schäden sind nicht versichert.»
Sozialdienst «darf» nicht eingreifen
Laut Daniel Frei, Leiter des Sozialdienstes Niederbipp BE, gibt es keine gesetzliche Grundlage, um in einem solchen Fall einzuschreiten. «Ein Sozialdienst darf nicht mit Steuergeldern für durch Privatpersonen verursachte Sachschäden aufkommen.» Auch für sozialhilferechtliche Sanktionen gäbe es hohe Anforderungen. «Sachbeschädigungen dürfen wir nicht bestrafen.» Erhält eine Person dagegen Ergänzungsleistungen, seien Sanktionen überhaupt nicht möglich.
Für Burkia bleibt nur der Gang vors Gericht. Seine Rechtsschutzversicherung habe ihm davon aber abgeraten. Weil Verena E. von Ergänzungsleistungen lebt, sei bei ihr «nichts zu holen». Umso wütender ist er: «Sie zerstört eine Wohnung nach der anderen. Und die Behörden lassen sie nicht nur machen, sondern finanzieren das Ganze.» Für ihn ist klar: «Nie mehr lasse ich jemanden bei mir einziehen, der Ergänzungsleistungen bekommt.» Damit steht er nicht allein – auch Edmund B. sagt: «Dafür ist keine Mietkaution hoch genug.»
* Name geändert