Bergbahnen in Schieflage
Geht das Grächen-Märchen bald zu Ende?

Die Gemeinde im Oberwallis lebt vom Tourismus. Nun droht dem Skigebiet der Konkurs. Doch das Bergdorf will kämpfen.
Publiziert: 18.02.2024 um 09:41 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2024 um 15:24 Uhr
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Seit letzter Woche herrscht Unruhe in Grächen.
Foto: Andrea Soltermann
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Cécile ReyRedaktorin

Grächen VS wird oftmals mit einem Märchenland verglichen. Und das nicht ohne Grund: Das kleine Bergdorf im Oberwallis ist dank seiner Märchen-Gondelbahn besonders bei Kindern ein beliebtes Ausflugsziel. Denn während der Fahrt auf die Hannigalp kann man den Erzählungen der Grimm-Brüder lauschen.

Grösste Arbeitgeberin im Dorf

Doch seit vergangener Woche herrscht im Ort anstelle der friedlichen Atmosphäre eine gedrückte Stimmung: Die Touristische Unternehmung Grächen (TUG), die die Bergbahnen und das Skigebiet in Grächen betreibt, steckt in einer finanziellen Krise. Das Unternehmen reichte daher am 8. Februar beim Bezirksgericht Visp eine provisorische Nachlassstundung ein, die am darauffolgenden Tag bewilligt wurde. Während vier Monaten hat die TUG nun Zeit, um Sanierungsmöglichkeiten zu prüfen.

Die TUG ist für Grächen zentral; nicht nur, weil sie die grösste Arbeitgeberin ist, sondern weil das Bergdorf ganz grundsätzlich vom Tourismus lebt. Für Roman Rogenmoser, CEO der TUG, ist es «keine einfache Situation», der Druck enorm. Eine Schliessung des Betriebs hätte verheerende Konsequenzen: «Wenn die Bergbahnen schliessen müssen, dann ist Game over», sagt Rogenmoser.

Schwierige Situation mit begrenzten Handlungsmöglichkeiten

Aber was war passiert? Diese Frage beschäftigte wohl alle Grächerinnen und Grächer, als sie sich am Donnerstagabend auf den Weg zur Informationsveranstaltung machten. Zur Situation äussern wollte sich allerdings niemand – zu gross war die Anspannung, zu gross die Unsicherheit.

Dann war es so weit: In der kurzerhand umfunktionierten Sporthalle versammelten sich rund 280 Menschen. Kein Platz blieb leer. Dicht gedrängt, warteten die Anwesenden geduldig, bis Verwaltungsratspräsident Kurt Schär die Versammlung eröffnete: «Es ist unglaublich, was für ein Interesse vorhanden ist», sagte er und schien sichtlich gerührt. Zugleich betonte er, dass die ganze Situation schwierig sei und die Handlungsmöglichkeiten begrenzt.

Defizit von 4,6 Millionen Franken

Aber wieso kündigt die TUG während der laufenden Saison eine Nachlassstundung an? Laut den Verantwortlichen hat das einen einfachen Grund: Damit eine Nachlassstundung genehmigt werden kann, muss nachgewiesen werden, dass die Fortführung des Betriebs besser als eine Schliessung ist. Zudem darf das Gesuch nur eingereicht werden, wenn das Unternehmen über genügend Liquidität verfügt. Ein Konkursverfahren wäre somit die schlechteste Variante gewesen. Der Betrieb würde sofort eingestellt, und man müsste die Mitarbeitenden fristlos entlassen. Durch die provisorische Nachlassstundung seien der laufende Betrieb während der Wintersaison sowie sämtliche Arbeitsplätze sichergestellt.

Es dauerte eine Weile, bis einer der Anwesenden die Frage stellte, die allen auf der Zunge brannte: Wie konnte es nur so weit kommen? Laut den Verantwortlichen geriet Grächen nicht etwa in Schieflage, weil zu wenig Schnee den Betrieb gefährdet. Auch am Umsatz liege es nicht. Zum Verhängnis wurden dem Skigebiet vielmehr die gestiegenen Personal- und Energiekosten, ein grösserer Verwaltungsaufwand sowie die Inflation. Ohne Massnahmen hätte bis Ende April 2025 ein Defizit von 4,6 Mio. Franken gedroht.

Bevölkerung ist beunruhigt

Ein Raunen ging durchs Publikum, Getuschel. Offensichtlich war die Antwort nicht zufriedenstellend. Aber Schär versicherte: «Wir sind nicht auf der Suche nach Schuldigen, sondern auf der Suche nach Fehlern».

Nach der Versammlung sagte ein Einwohner: «Man wusste schon, dass es nicht rosig aussah.» Schockiert habe ihn die Nachricht trotzdem. Eine Frau, die in Grächen eine Zweitwohnung besitzt, erzählt, sie mache sich grosse Sorgen. Doch sie sei zuversichtlich, dass Grächen zusammenhalten werde.

Eins ist klar: Grächen liegt nicht nur den Anwohnerinnen und Anwohnern am Herzen. Auch Rogenmoser betont: «Wir sind auf die Unterstützung angewiesen. Allein gehts nicht.»

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