Jedes Jahr am 9. Mai hält die russische Botschaft in der Schweiz zusammen mit Vertretern anderer postsowjetischer Staaten eine Gedenkfeier am sowjetischen Ehrengrab auf dem Friedhof Hörnli in Riehen BS ab. Jahrelang blieb dieses Ereignis von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich die Situation geändert. So wurde bereits die Zeremonie im vergangenen Jahr von einer medialen und politischen Kontroverse begleitet.
Wie die «Basler Zeitung» berichtet, wollen die Russen die Zeremonie auch in diesem Jahr abhalten. Dies, obwohl die Basler Regierung bei der russischen Botschaft intervenierte und wegen des Ukraine-Krieges um eine Absage der Veranstaltung bat.
Botschaft hat auf Besuch bestanden
Regierungssprecher Marco Greiner: «Der Regierungsrat hat die russische Botschaft gebeten, vor dem Hintergrund des andauernden Krieges gegen die Ukraine auf einen Besuch am Gemeinschaftsgrab der sowjetischen Soldaten zu verzichten.» Der Friedhof als Ort der Ruhe und der Andacht solle nicht gestört werden. «Zu unserem Bedauern hat die russische Botschaft auf einem Besuch bestanden», zitiert die Zeitung Greiner.
Der 9. Mai gilt in Russland als Feiertag, als «Tag des Sieges», an dem im Jahr 1945 Nazi-Deutschland besiegt wurde. Aus diesem Anlass finden auf dem Roten Platz in Moskau jeweils Militärparaden statt. Ähnliche Feiern gibt es im ganzen Land.
Bei der Gedenkveranstaltung in Riehen sind jeweils auch Vertreter des Vereins Russkij Basel dabei. Dieser sorgte im vergangenen August am Schwingfest in Pratteln BL für Aufsehen, als ein Mitglied das «Z»-Zeichen zur Schau stellte, ein Symbol für die Unterstützung der russischen Streitkräfte in der Ukraine. Der Verein verlor daraufhin die Bewilligung, an Basler Schulen Russischunterricht zu erteilen.
«Aus grundrechtlichen Gründen heikel»
Die Basler Regierung kann den Auftritt des russischen Botschafters auf dem Hörnli-Friedhof nicht einfach untersagen. Greiner: «Das Verbot eines Friedhofsbesuchs ist aus grundrechtlichen Gründen heikel.» In der Schweiz werde der Grundrechtsschutz «zurecht» hoch gehängt. «Diesen kann auch der russische Botschafter beanspruchen.»
Die Basler Regierung hat der russischen Botschaft allerdings strenge Vorschriften gemacht für die Veranstaltung. So ist etwa jeglicher Bezug zum Ukraine-Krieg untersagt. «In den Auflagen an die russische Botschaft ist ausdrücklich enthalten, dass jegliche, auch symbolhafte Bezugnahme auf den Krieg gegen die Ukraine unterbleiben soll.» Ausserdem wird der Besuch des Botschafters zeitlich und von der Anzahl der Begleitpersonen her begrenzt sein.
Wie bereits im vergangenen Jahr wird der Friedhof während des offiziellen Teils der Zeremonie für die Öffentlichkeit und die Medien geschlossen sein. Die Friedhofsruhe solle nicht durch einen «lauten Menschenauflauf» gestört werden, erklärt Greiner. «Die Polizei wird vor Ort präsent sein und darauf achten, dass die Veranstaltung sich im gesetzten Rahmen bewegt.»
Format wird «derzeit ausgearbeitet»
Im vergangenen Jahr sorgte vor allem der Ausschluss von Journalisten von der offiziellen Zeremonie für Kritik. Die Angelegenheit wurde sogar zum Thema im Grossen Rat.
Die russische Botschaft in Bern erklärt in einer Stellungnahme in der «Basler Zeitung», das «Format» der diesjährigen Feier auf dem Hörnli werde «derzeit ausgearbeitet». «Der 9. Mai ist der Tag des Sieges, der Jahrestag der Niederlage des deutschen Nationalsozialismus, an dem man weltweit sowie in Russland den Befreiern Europas von der braunen Pest Tribut zahlt.» (noo)