«Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!», lautet der Ratschlag bei jeder Medikamentenwerbung. Gesundheitliche Nebenwirkungen gibt es nicht nur bei medizinischen Behandlungen, sondern auch beim neuen CO2-Gesetz. Und zwar positive – das sieht zumindest das Ja-Komitee so.
«Der Klimawandel hat einen erheblichen Einfluss auf unsere Gesundheit», sagt EVP-Nationalrätin Lilian Studer (43). «Jährlich sterben weltweit mehr Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung als durch Tabakrauchen und Malaria zusammen.»
Der Verzicht auf fossile Energien bringe uns sauberere Luft, betont die Aargauerin. Die einfache Formel des Pro-Lagers: Mehr Klimaschutz gleich weniger Luftverschmutzung gleich bessere Gesundheit.
600 Millionen Franken gespart
Studer verweist dabei auf eine Econcept-Studie. Das CO2-Gesetz bedeutet demnach in der Schweiz für das Jahr 2030 demnach «rund 4000 Lebensjahre weniger verlorene Lebensjahre, 500 Spitaltage weniger wegen Atemwegs- und 1000 Spitaltage weniger wegen Herz-/Kreislauferkrankungen». Ebenso würden weniger Fälle von akuter Bronchitis bei Kindern und auch weniger Asthma-Anfälle bei Erwachsenen resultieren. «Werden diese vermiedenen Gesundheitsbeeinträchtigungen in Kosten umgerechnet, resultiert eine Einsparung von rund 600 Millionen Franken allein im Jahre 2030», so die EVP-Frau.
Sie führt weitere gesundheitliche Aspekte ins Feld. Mit dem Klimawandel würden die Temperaturen steigen und Hitzewellen sich häufen. Damit verbunden sei eine verlängerte Pollensaison die wiederum Allergien begünstige. Mit wärmeren Temperaturen steige aber auch das Risiko für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie Dengue-Fieber oder Zika in Europa durch Mücken. Andere Erkrankungen würden durch die schnellere Verbreitung von Viren und Bakterien an heissen Tagen ebenso beeinflusst.
«Diese Fakten über die Gesundheit zeigen auf, dass es unbedingt nötig ist, durch unser verantwortliches Handeln den Klimawandel zu entschleunigen», so Studer. «Das CO2-Gesetz trägt dazu bei. Davon profitiert auch unsere Gesundheit aufgrund weniger Luftschadstoffe, weniger Allergien und Probleme für Herz-Kreislauf-Erkrankte und weniger Spitaltage.»
Breite Ja-Allianz
Neben Studer warben am Dienstag an einer Medienkonferenz in Bern weitere Bundesparlamentarier von Links bis Rechts für ein Ja zum CO2-Gesetz. «Wir haben hart verhandelt und können nun gemeinsam hinter einem soliden und typisch schweizerischen Kompromiss stehen», sagte etwa FDP-Ständerat Damian Müller (36, LU). Mit dem CO2-Gesetz werde die Kostenwahrheit gestärkt: «Wer mehr Ressourcen auf Kosten der nächsten Generationen verbraucht, erhält ein Preisschild, und zahlt entsprechend mehr.»
SP-Nationalrätin Gabriela Suter (48, AG) strich den sozialen Aspekt hervor: «Das neue CO2-Gesetz ist gerecht, wirkungsvoll, familienfreundlich und sozial.» Weil Familien nicht zu den Vielfliegern gehören würden und beim Wohnen einen niedrigen Energieverbrauch pro Kopf hätten, «profitieren gerade sie von der Rückverteilung».
Dass vom CO2-Gesetz auch die Berggebiete profitieren, strich Mitte-Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach (61, FR) als Präsidentin der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete hervor. Denn: «Die Schweiz ist als Alpenland besonders stark vom Klimawandel betroffen.»
Gegen das Gesetz haben Erdöllobby und SVP das Referendum ergriffen. Wessen Argumentation die Schweizer Stimmbevölkerung folgt, entscheidet sich am 13. Juni. Dann kommt das CO2-Gesetz vors Volk.