Die Zahlenschlacht beginnt – denn wie viel uns das CO2-Gesetz am Ende kosten wird, darüber sind sich Befürworter und Gegner nicht einig. Doch worum geht es beim Gesetz überhaupt? Die wichtigsten Fragen und Antworten finden Sie hier.
Am 13. Juni 2021 stimmen wir über das «Bundesgesetz über die Verminderung von Treibhausgasemissionen» ab, besser bekannt als CO2-Gesetz.
Worum geht es?
Bei der Abstimmung übers CO2-Gesetz stimmt die Schweizer Bevölkerung über die Klimapolitik in den nächsten 9,5 Jahren ab. Bis 2030 möchte unser Land seinen Treibhausgas-Ausstoss gegenüber 1990 um die Hälfte reduzieren – und so den Verpflichtungen im Klimaabkommen von Paris einen Schritt näher kommen. Das CO2-Gesetz regelt die Instrumente dazu.
Was genau sieht das Gesetz alles vor?
- Flugticketabgabe: Heute profitiert die Luftfahrt von einer steuerlichen Bevorzugung. Das soll sich mit dem CO2-Gesetz ändern. Neu würden Flugtickets mit 30 bis 120 Franken Zuschlag ab Schweizer Flughäfen abgeglichen werden. Dieses Geld fliesst zum einen in Klimafonds und wird zum anderen an die Bevölkerung rückverteilt – beispielsweise durch niedrigere Krankenkassenprämien. Damit soll erreicht werden, dass klimafreundlichere Alternativen zum Flug – wie Bus und Zug – attraktiver werden.
- Flottenziele für Neufahrzeuge: Autoimporteure werden dazu verpflichtet, immer effizientere Fahrzeuge zu verkaufen. 2030 zum Beispiel sollen Fahrzeuge nur noch den halben Benzin- und Dieselverbrauch aufweisen wie heute.
- CO2-Kompensationen: Treibstoffimporteure sollen ihre CO2-Emissionen um bis zu 90 Prozent mit Klimaschutzprojekten im In- und Ausland kompensieren – daher rührt auch der Aufschlag auf Benzin und Diesel. Heute dürfen sie die entstehenden Kosten mit bis zu 5 Rappen pro Liter decken, ab 2025 steigt die Obergrenze auf bis zu 12 Rappen. Das heisst aber nicht, dass Treibstoffe zwingend um 12 Rappen teurer werden.
- Höhere CO2-Abgabe: Die Obergrenze der heutigen CO2-Lenkungsabgabe auf Heizöl, Gas und Kohle soll von 120 Franken pro Tonne CO2 auf maximal 210 Franken erhöht werden. Damit sollen Klimafolgekosten bezahlt und klimafreundliche Alternativen attraktiver werden. Mit den Einnahmen werden zudem die Gebäudesanierungsprogramme der Kantone unterstützt. Die Abgabe steigt aber nur dann, wenn die Schweiz ihre Zwischenziele für die CO2-Reduktion verfehlt. Für Firmen gilt: Wenn sie beweisen können, dass sie bereits wirtschaftliche Klimaschutzmassnahmen umgesetzt haben, können sie sich von der Abgabe befreien lassen.
- Klimafreundlichere Heizungen: Fossile Heizungen sollen bald nur noch in gut isolierte Gebäude eingebaut werden können. Wer ein Haus bauen möchte, wird aber durch Programme finanziell entlastet, um die Anschaffungskosten von nachhaltigeren Heizmethoden zu finanzieren. Unter dem Strich soll es sich kaum mehr lohnen, bei einem Heizungsersatz oder bei einem Neubau auf Ölheizungen zu setzen.
Was kostet uns das?
Das lässt sich nicht so einfach sagen. Die Warnungen der SVP, für eine vierköpfige Familie würden mit dem Gesetz jährliche Mehrkosten von mehr als 1000 Franken entstehen, stimmen so allgemein nicht. Erstens kann jeder den Verbrauch von Brennstoffen wie Öl und Gas sowie von Treibstoffen wie Benzin und Diesel selbst beeinflussen. Und für Reisen nach Paris oder Berlin heisst das Motto halt Zug statt Flug. Ganz aufs Heizen und Reisen verzichten können und wollen wir aber nicht. Aber bei einem Ja zum Gesetz wird bei dessen Inkrafttreten am 1. Januar 2022 der Bundesrat nicht sogleich die Brenn- und Treibstoffpreise maximal erhöhen. Ausserdem wird ein grosser Teil der Erträge beispielsweise via Krankenkassenprämien an die Bevölkerung rückverteilt. Umweltministerin Simonetta Sommaruga (60) verspricht gar: Nur eine kleine Minderheit werde draufzahlen müssen. Der andere Teil der Einnahmen fliesst in einen Klimafonds, mit dem klimafreundliche Investitionen und Technologien gefördert werden.
Warum stimmen wir darüber ab?
Es kommt zur Volksabstimmung, weil das Referendum gegen das CO2-Gesetz zustande gekommen ist. Vor allem die Erdöllobby hatte die Vorlage gemeinsam mit der SVP bekämpft, weil das Gesetz Benzin und Diesel, aber auch das Fliegen verteuert. Ausserdem warnen die Gegner vor mehr Bürokratie und Vorschriften. Und sie beteuern, das Gesetz helfe dem Klima kaum. Zudem könnten sich gerade wegen der Corona-Krise viele die Zuschläge nicht leisten.
Auch die Klimajugend ist nicht mit dem CO2-Gesetz einverstanden. Wieso?
Westschweizer Sektionen der Klimastreik-Bewegung haben neben der SVP ebenfalls fürs Referendum Unterschriften gesammelt. Der Grund: Das vorliegende CO2-Gesetz reicht ihnen bei weitem nicht aus, um die Klimaerwärmung zu stoppen. Die Politik habe die Dringlichkeit der Klimakrise noch immer nicht erkannt, argumentieren sie. Im Parlament ist aber auch für das linksgrüne Lager klar: Man unterstützt das Gesetz trotz seiner Lücken. Ansonsten nimmt man weitere Verzögerungen im Kampf gegen den Klimawandel in Kauf.
Warum soll ausgerechnet ich sparen?
Das Gesetz setzt in den drei Sektoren an, die für den Löwenanteil des Schweizer Treibhausgases verantwortlich sind: Beim Verkehr, den Gebäuden und bei der Industrie. Gemeinsam stossen diese 80 Prozent des Schweizer CO2 aus. Grösster CO2-Verursacher ist mit Anteil von einem guten Drittel der Verkehr – halt auch jener, den ich mit meinem Privat- oder Firmenwagen verantworte. Gebäude und Industrie verursachen laut Bundesamt für Umwelt je 24 Prozent. Dank Gebäude- und Heizungssanierungen kann viel Energie und langfristig auch viel Geld gespart werden. Die Industrie tut bereits viel – weil es sich auch für sie rechnet. Aussen vor ist die Landwirtschaft – im Juni wird jedoch auch gleich über zwei Vorlagen abgestimmt, welche die Bauern zu grösserer Verantwortung in punkto Klimaschutz zwingen möchten.