Seinen Job ist Stefan Keller (44) bereits los. Ende Mai hatte der ehemalige Fifa-Ermittler das Handtuch geworfen. Notgedrungen, denn das Bundesstrafgericht in Bellinzona hatte ihm zuvor untersagt, weiter gegen Fifa-Boss Gianni Infantino (51) zu ermitteln. Damit war es für Keller faktisch gar nicht mehr möglich, als ausserordentlicher Bundesanwalt die nicht protokollierten Geheimtreffen des ehemaligen Bundesanwalts Michael Lauber (55) mit Infantino zu untersuchen.
Nun aber kommt es für Keller faustdick! Denn jetzt drohen auch noch juristische Folgen. Nachdem er seine Ermittlungen einstellen musste, könnte nun gegen ihn selber ermittelt werden! Wie Blick aus mehreren Quellen erfahren hat, wird sich die Immunitätskommission des Parlaments am Dienstag mit Kellers Immunität als ehemaliger Strafermittler auseinandersetzen. Diese muss erst aufgehoben werden, soll gegen ihn eine Untersuchung eingeleitet werden.
Vorwurf: gegen Geheimhaltung verstossen
Im Raum steht der Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung, den das Bundesstrafgericht bereits in seinem Entscheid vom Mai erhoben hatte. Dabei geht es um Aussagen von Keller in der Januarausgabe der juristischen Fachzeitschrift «Plädoyer». Keller wurde damals mit folgender Aussage zu den Untersuchungen gegen Fifa-Boss Infantino zitiert: «Am Bundesstrafgericht laufen mehrere Verfahren in dieser Sache. Infantino will genau wissen, wer meine Hilfspersonen sind.»
Damit habe Keller ein Beschwerdeverfahren Infantinos öffentlich gemacht, «zu dessen Geheimhaltung er als Geheimnisträger verpflichtet gewesen wäre», befand das Gericht. Keller selber hatte das Urteil stets harsch kritisiert. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Aufsichtsbehörde hat Verfahren eingeleitet
Die mögliche Amtsgeheimnisverletzung hat die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) auf den Plan gerufen. Sie hatte Keller als Sonderermittler eingesetzt, was vom Parlament anschliessend bestätigt worden ist. Nun hat dieselbe Behörde gegen Keller ein Verfahren eingeleitet. Zur Untersuchung wurde ein ausserordentlicher Staatsanwalt eingesetzt, der beim Parlament den Antrag zur Aufhebung von Kellers Immunität gestellt hat.
Die AB-BA konnte gar nicht anders. Sie musste auf die Vorwürfe des Bundesstrafgerichts reagieren. Die Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwalts sei «von Gesetzes wegen» erfolgt, erklärt AB-BA-Sekretär Patrick Gättelin auf Anfrage. Stefan Keller selber war zu keiner Stellungnahme bereit.