Es ist das neuste Kapitel in der unsäglichen Fifa-Affäre: Der ausserordentliche Bundesanwalt Stefan Keller (44) legt sein Amt auf Ende Mai nieder. Das hat er am Mittwoch der Gerichtskommission von National- und Ständerat mitgeteilt, wie diese in einer Mitteilung bestätigt.
Hintergrund ist ein Entscheid des Bundesstrafgerichts: Dieses hat eine Beschwerde von Fifa-Boss Gianni Infantino (51) gutgeheissen, wie Anfang Mai bekanntgeworden ist. Keller darf nicht mehr gegen den Walliser ermitteln. Der ausserordentliche Bundesanwalt war im letzten September vom Parlament eingesetzt worden, um die nichtprotokollierten Geheimtreffen des ehemaligen Bundesanwalts Michael Lauber (55) mit Infantino zu untersuchen.
Für die Beschwerdekammer des Gerichts bestehen «berechtigte Zweifel an der Unbefangenheit» von Sonderermittler Keller gegenüber Fifa-Boss Infantino. Keller habe Infantino mehrfach öffentlich vorverurteilt. Er habe irreführend kommuniziert – und er habe ein Amtsgeheimnis ausgeplaudert. Die dreiköpfige Beschwerdekammer stützt ihren Entscheid auf Aussagen Kellers in drei Medienmitteilungen und in einer juristischen Fachzeitschrift. Sie sieht dadurch Ausstandsgründe für Keller als gegeben an.
Keller attackiert das Gericht
Keller kritisiert das Gericht seinerseits mit deutlichen Worten. Für ihn ist nicht nur das Urteil nicht schlüssig. Er zweifelt zudem an der Unabhängigkeit des Bundesstrafgerichts. Aufgrund der personellen Besetzung des Gerichts sehe er sich nicht mehr in der Lage, seine Ermittlungen «zielführend und innert nützlicher Frist zu Ende zu führen».
In das Bundesstrafgericht scheint Keller mittlerweile jedes Vertrauen verloren zu haben: «Es ist davon auszugehen, dass das Urteil ergebnisorientiert und nicht mit der erforderlichen Unabhängigkeit gefällt worden ist», schiesst er zurück.
Die Gerichtskommission unter Präsident und Ständerat Andrea Caroni (41) bereitet nun zusammen mit der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) die Wahl eines Nachfolgers für Keller vor. Eine Verjährung des Falles soll vermieden werden.
Klar wird aber auch: Mit seinem Rücktritt habe Keller der Parlamentskommission vermutlich den Entscheid abgenommen, ihm eben dieses nahezulegen, sagen Kommissionsmitglieder. Zu happig seien die Vorwürfe des Bundesstrafgerichts an die Adresse von Keller.
Auch Kommission muss über die Bücher
«Die Wahl Kellers war sicher nicht glücklich, muss man heute sagen», hatten Kommissionsmitglieder nach dem Entscheid des Bundesgerichts eingestanden. Dabei müssen sie sich aber an der eigenen Nase nehmen.
Die Kommission hatte vor ihrer Empfehlung ans Parlament nur oberflächlich abgeklärt, ob Teilzeitrichter Keller für das knifflige Amt des Sonderermittlers geeignet ist, wie Blick bekannt gemacht hatte. «Wir werden sicher auch in der Kommission selber über die Bücher gehen müssen», räumten Mitglieder darauf hin ein.