Frontal-Angriff auf Bundesanwaltschaft
Fifa-Ermittler dribbelt sich ins Abseits

Der ausserordentliche Bundesanwalt Stefan Keller wird ausgebremst: Er darf nicht mehr gegen Fifa-Boss Gianni Infantino ermitteln. Gleichzeitig geht er auf Konfrontationskurs mit der Bundesanwaltschaft.
Publiziert: 06.05.2021 um 12:05 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2021 um 15:08 Uhr
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Der ausserordentliche Bundesanwalt Stefan Keller hat vor Bundesstrafgericht eine empfindliche Niederlage erlitten.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer und Lea Hartmann

In der Fifa-Affäre droht bereits die nächste Pleite. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit setzte die Bundesanwaltschaft (BA) ein prestigeträchtiges Verfahren in den Sand. Und mit seinen unprotokollierten Treffen mit Fifa-Präsident Gianni Infantino (51) hatte Ex-Bundesanwalt Michael Lauber (55) das Vertrauen in die Justiz weiter untergraben.

Ins Abseits gerät nun auch Sonderermittler Stefan Keller (44), der diese Geheimtreffen untersuchen soll. Das Bundesstrafgericht hat eine Beschwerde von Fifa-Boss Infantino gutgeheissen. Der vom Parlament eingesetzte ausserordentliche Bundesanwalt darf nicht mehr gegen den Walliser ermitteln – wegen Befangenheit.

Das Gericht hält fest, dass «berechtigte Zweifel an der Unbefangenheit» bestünden. Die Beschwerdekammer stützt ihren Entscheid auf Aussagen Kellers in drei Medienmitteilungen und einer Fachzeitschrift.

Das Fazit ist happig: Sonderermittler Keller hatte öffentlich von «deutlichen Anzeichen für strafbares Verhalten» gesprochen. Das sei «äusserst fragwürdig». Voreilige Schuldvermutungen wären «zwingend zu unterlassen gewesen». Auch wirft die Beschwerdekammer Keller vor, teilweise faktenwidrig und einseitig informiert zu haben.

Auf Kriegsfuss auch mit der Bundesanwaltschaft

Kellers offensiver Kommunikationsstil hat auch im Parlament schon verschiedentlich für Stirnrunzeln gesorgt. Wirklich verscherzt haben dürfte er es aber mit der Bundesanwaltschaft. Denn mit dieser ist der Sonderermittler endgültig auf Konfrontationskurs gegangen, wie Blick-Recherchen zeigen.

So hat Blick Kenntnis von einem Schreiben ans Bundesstrafgericht, in dem Keller gleich die gesamte Bundesanwaltschaft in der Fifa-Affäre für «handlungsunfähig» erklärt. Zu eng seien die «diversen personellen Verflechtungen» mit dem Weltfussballverband. Für den Sonderermittler kann die Bundesbehörde «die Sache nicht unbefangen beurteilen». Sie komme deshalb für die diversen Fifa-Verfahren nicht infrage.

Das vernichtende Urteil erstaunt. Immerhin hat die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) der BA in ihrem kürzlich veröffentlichten Jahresbericht ein gutes Zeugnis ausgestellt. Nach dem Abgang Laubers sei sie auf dem Weg der Stabilisierung.

Rücktritt ist für Keller vorerst kein Thema

Das hält Keller nicht davon ab, der Aufsichtsbehörde zu raten, der «lahmgelegten» Bundesanwaltschaft sämtliche Fifa-Verfahren wegzunehmen. Sie solle sie einem oder mehreren externen ausserordentlichen Staatsanwälten des Bundes zuzuteilen.

Nach dem neusten Urteil aus Bellinzona TI dürfte Keller selber dafür nicht mehr in Frage kommen. Ihm drohen die Felle davonzuschwimmen. Die Vorwürfe des Gerichts, er habe «irreführende und tatsachenwidrige Informationen kommuniziert», weist er aber zurück. Ein Rücktritt als ausserordentlicher Bundesanwalt scheint für ihn vorerst kein Thema zu sein.

«Das hat er ziemlich verbockt»

Verschiedene Beteiligte gehen gegenüber Blick allerdings davon aus, dass Keller seine Aufgabe als Sonderermittler so nicht mehr weiterführen kann. «Das hat er ziemlich verbockt», kommentiert ein Mitglied der parlamentarischen Gerichtskommission, die Keller dem Parlament zur Wahl vorgeschlagen hatte.

Kommissionspräsident Andrea Caroni (41) will sich noch kein Urteil anmassen. Er habe aber Keller und die AB-BA bereits für Mitte Mai in die Gerichtskommission eingeladen. Dann sollen sie aufzeigen, wie sie sich das weitere Vorgehen vorstellen, sagt der FDP-Ständerat.

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