Um ihn herum springen alle auf, doch Mauro Poggia (64) bleibt ruhig. Ballt nur die Faust, erhebt sich danach und umarmt seine Mitstreiter. Sein Mouvement citoyens genevois (MCG) holte am Sonntag zwei Sitze im Nationalrat, Poggia selbst erreicht den ersten Platz im Kampf um den Ständerat. Vor den beiden Bisherigen Lisa Mazzone (35, Grüne) und Carlo Sommaruga (64, SP).
Mit dem MCG zieht eine Genfer Eigenheit nach Bern. Es sieht sich als Anti-Establishment-Partei und wütet mit Vorliebe gegen Grenzgänger. «Jugendliche am Ende ihrer Ausbildung finden keine Arbeit, weil die Unternehmen lieber ausländische Mitarbeiter mit Erfahrung einstellen.» Eine typische SVP-Parole.
Der Gewinner heisst SVP
Sie seien weder links noch rechts, sagt Poggia selbst. «Wir sind dort, wo die Lösung liegt.» Und tatsächlich es gibt noch die andere Seite des Mauro Poggia. Er war schon CVP-Mitglied, 2017 sammelte er zusammen mit dem heutigen Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (55, SP) Unterschriften für eine Einheitskrankenkasse und wollte Gesundheitslobbyisten aus dem Parlament jagen. Während der Corona-Pandemie wetterte er gegen Impfgegner. Und weil Uber seinen Fahrern keine Sozialleistungen bezahlt, verbot er es kurzerhand. Erst im März wurde es definitiv aufgehoben, als Uber die ausstehenden Löhne zahlte.
Jetzt geht es nicht mehr alleine
Poggias Stil ist populistisch, seine Aussagen sind hart, er nimmt kein Blatt vor den Mund. Er sei «an die Dummheit der Leute gewöhnt», sagt er beispielsweise kürzlich in einem Blick-Interview, als Reaktion auf Pfiffe, als seine Wahl bekannt gegeben wurde.
Jetzt will er in den Ständerat. Dort herrscht ein anderer Umgangston. Für Poggia kein Problem. «Ich war zehn Jahre lang in der Genfer Regierung und kann meinen Stil anpassen.» Nur um anzufügen: «Wenn ich einer Person, die Unsinn schreibt, dreimal das Gleiche antworte und sie darauf beharrt, ist das kein Fehler mehr, sondern Dummheit oder böser Glaube.»
Poggia war schon einmal für zwei Jahre als Nationalrat in Bern. Damals noch – ganz Anti-Establishment – ohne Fraktion im Rücken. Eine solche ist aber wichtig, um tatsächlich politisch etwas bewegen zu können. Jetzt will er sich einer anschliessen. «Ich habe gelernt, dass man eine Parlamentsfraktion braucht, um Ergebnisse zu erzielen», erklärt er den Sinneswandel. Welcher Partei er sich anschliessen will, sagt er nicht.
Wo zieht es Poggia hin?
Poggia wird nachgesagt, dass er nur wenige Übereinstimmungen mit der SVP habe, obwohl er mit Céline Amaudruz (44) in den Ständeratswahlkampf zieht. Gerade in der Gesundheitspolitik sind die Differenzen zur SVP gross. «Auch die Zürcher Regierungsrätin Natalie Rickli hat in Zürich während der Pandemie andere Positionen vertreten und sie wurde nicht verstossen.»
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In Bern wird munter spekuliert, wohin es Poggia zieht. Auch die Mitte-Partei ist denkbar, oder gar, dass sich die neuen MCG-Parlamentarier auf verschiedene Fraktionen verteilen.
Grünen-Mazzone muss zittern
Für Noch-Ständerätin Lisa Mazzone ist klar, wo Poggia einzusortieren ist. «Er ist in einem rechten Bündnis von SVP, FDP und Mitte gewählt worden. Ausser in der Gesundheitspolitik vertritt er keine linken Positionen, das MCG arbeitet eng mit der SVP zusammen.»
Schon in drei Wochen findet in Genf der zweite Wahlgang statt. Die Differenz zwischen den drei Kandidaten Poggia, Mazzone und Sommaruga beträgt nur rund tausend Stimmen. Dann entscheidet sich, ob sich die Delegation des MCG noch weiter vergrössert – und Poggia die Faust noch ein zweites Mal ballen kann.