Was ist denn da los in der Mitte-Partei? Nach Kronfavorit Gerhard Pfister (62) und Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (46) winkt jetzt auch der letzte Top-Anwärter Martin Candinas (44) ab für die Nachfolge von Viola Amherd (62) im Bundesrat.
Pfister glaubt, er würde als Bundesrat nicht «glücklich», Bregy verbringt lieber Zeit mit der Familie als mit Rösti & Co. und auch Candinas bleibt lieber bei Frau und Kindern; erleichtert schwärmt der Bündner Nationalrat von seinem «wunderbaren Skitag» am Sonntag.
Der Bundesrat als Berufung? Schnee von gestern. Das wichtigste politische Amt der Schweiz verliert offenbar für viele seinen Reiz.
Am Geld kann es nicht liegen. Steinreich wie ein Top-Banker wird man als Bundesrat zwar nicht. Aber mit gegen 480'000 Franken Jahressalär lässt sich finanziell sorgenfrei leben.
Nur: Die Work-Life-Balance scheint auch gestandenen Spitzenpolitikern wichtiger zu werden als die Politkarriere bis ganz nach oben.
Ist es der Zeitgeist oder einfach Egoismus? Natürlich ist es zu begrüssen, wenn Männer mehr Verantwortung für die Familie übernehmen und nicht alles der Karriere unterordnen.
Gleichzeitig bräuchte es gerade jetzt, inmitten globaler Krisen, die besten Köpfe in der Landesregierung. Krieg, Zuwanderung, Europa, Sozialwerke – die Zeiten verlangen Gestalter, keine Verwalter. Gefragt sind Politiker mit Mut und Willen, Politik zu machen. Gerade die Mitte-Partei trägt als Brücke zwischen Links und Rechts eine besondere Verantwortung und hat besonders grossen Spielraum.
Eine Strategie in der Parteispitze für die Amherd-Nachfolge ist jedoch nicht erkennbar. Bisher standen die persönlichen Beweggründe von Pfister im Fokus. In einem hat der abtretende Parteipräsident allerdings recht: Auch Personen, die noch nicht in den Medien gehandelt wurden, können sich als gute Lösung entpuppen.
Vielleicht wird es zur Ironie der Geschichte, dass in der Familienpartei nach dem Favoritensterben bei den Männern nun eine Frau die Kohle aus dem Feuer holt und den Dienst am Vaterland gegenüber dem Spass auf der Skipiste priorisiert.