Auf einen Blick
- Nach Amherds Rücktritt droht der Verlust eines Frauensitzes im Bundesrat
- Frauendachverband fordert Frauenticket, Mitte-Frauen zeigen sich zurückhaltend
- 20 Jahre lang stellte die Mitte eine Bundesrätin
Ruth Metzler (60), Doris Leuthard (61), Viola Amherd (62) – in den vergangenen 22 Jahren stellte die ehemalige CVP und heutige Mitte 20 Jahre lang eine Bundesrätin. Doch mit dem Rücktritt von Amherd drängen sich vor allem Männer vor. Die drohende Folge: Erstmals seit 2008 gäbe es nur noch zwei Frauensitze in der Landesregierung. Ist das der Mitte egal?
Selbst die Präsidentin der Mitte-Frauen, Christina Bachmann-Roth (41), zeigt sich plötzlich zurückhaltend – ganz anders als noch bei der Nachfolge des abtretenden Parteipräsidenten Gerhard Pfister (62). «Wir haben natürlich fähige Frauen – aber genauso auch fähige Männer», sagt sie zur Amherd-Nachfolge. So etwa der Bündner Nationalrat Martin Candinas (44).
Mitte-Frauen zögern, Alliance F prescht vor
Bachmann-Roth zögert daher, ein reines Frauenticket zu fordern. «Auch wenn ich mir natürlich auch in Zukunft eine Frau wünsche», sagt sie. Sie sei jedoch zwiegespalten: Als Mitte-Politikerin verstehe sie das Argument, dass die Mitte in den letzten zwei Jahrzehnten ihre Pflicht mehr als erfüllt habe. Als Mitglied von Alliance F müsse sie aber auch anerkennen, dass die Wahl einer Frau im historischen Kontext das Richtige wäre.
Der Frauendachverband fordert nämlich von der Mitte, für Amherds Nachfolge nur Frauen zur Auswahl zu stellen. «Schliesslich gilt die Konkordanz auch für eine angemessene Vertretung beider Geschlechter im Bundesrat», sagt die Co-Präsidentin von Alliance F und Grünen-Ständerätin Maya Graf (62). «Folgt auf Amherd ein Mann, wären die Frauen im Bundesrat wieder krass untervertreten.»
Mindestens ein Mitte-Amt soll weiblich bleiben
Graf versteht zwar, dass die Mitte in den letzten Jahren mehr beigetragen hat, als es andere Parteien – namentlich die SVP – taten. Bei einer Neuwahl müsse sich jedoch jede Bundesratspartei der Verantwortung stellen, den Zusammenhalt zu wahren. Dazu müsse die weibliche Hälfte der Bevölkerung in der Landesregierung angemessen repräsentiert sein. «Es ist unverantwortlich, einfach zu sagen: Die anderen sollen», sagt Graf.
Wichtig sei, dass endlich wieder eine Frau das Mitte-Parteipräsidium übernehme, hält Bachmann-Roth entgegen. Denn seit Doris Leuthard das Amt 2006 abgab, um Bundesrätin zu werden, folgten mit Christophe Darbellay (53) und Gerhard Pfister (62) zwei Männer. Und auch im Fraktionspräsidium gebe es Nachholbedarf – mit Nationalrätin Andrea Gmür (60) wurde das Amt zwischen 2020 und 2021 überhaupt erst einmal von einer Frau besetzt.
Die brisante Prognose der Frauenpräsidentin
Doch ist die Entweder-oder-Mentalität der Mitte-Frauen nicht etwas gar wenig ambitioniert? «Natürlich dürften es auch mal überall Frauen sein», sagt Bachmann-Roth. Sowieso gebe es zahlreiche geeignete Frauen für die Ämter – neben Gmür etwa die Urner Ständerätin Heidi Z'graggen (58).
Und für die Nachfolge von Viola Amherd lässt sich die Präsidentin der Mitte-Frauen auch auf eine Prognose ein: «Dem Parlament ist klar, dass eine Frauenminderheit das Land nicht korrekt repräsentiert. Es würde, wenn die Mitte etwa Gerhard Pfister und eine Frau nominiert, die Frau wählen.»