Grüne nervt sich über Salamitaktik, Mitte widerspricht
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Diskussion über Stempelsteuer:Grüne nervt sich über Salamitaktik, Mitte widerspricht

Vertrauliche Dokumente stützen linke Befürchtungen
Bürgerliche planen weitere Steuergeschenke

Die Linke wirft den Bürgerlichen Salamitaktik bei der Stempelsteuer vor. Nicht ohne Grund, wie vertrauliche Dokumente belegen. Demnach war der Rückzug von weiteren Steuerstreichungen auch abstimmungstaktisch bedingt.
Publiziert: 27.01.2022 um 00:39 Uhr
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Aktualisiert: 03.02.2022 um 14:28 Uhr
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Die Linke bekämpft die Teilabschaffung der Stempelsteuer mit dem Referendum. Am 13. Februar kommt die Vorlage vors Volk.
Foto: keystone-sda.ch
Ruedi Studer

Salamitaktik ist das Lieblingswort der Linken im Abstimmungskampf um die Teilabschaffung der Stempelsteuer. Die Streichung der Emissionsabgabe sei nur «die neuste Salamischeibe», warnt SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (60, ZH) in einem Kampagnenvideo. Die Abschaffung sei Teil einer «Salamitaktik der Rechten» zur Aufhebung aller Stempelabgaben, monierte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (35) bei der Lancierung des Referendums letzten Sommer.

Tatsächlich waren damals weitere Abbauprojekte im Parlament hängig: die Abschaffung der Stempelsteuer, die bei Kauf und Verkauf von Wertpapieren anfällt (220 Millionen Franken), sowie die Abschaffung der Abgaben auf Versicherungsprämien (1,8 Milliarden Franken). Allerdings hat der Nationalrat diese beiden Teile im Spätsommer beerdigt.

«Punktuelle Anpassungen» möglich

Fragt sich bloss, für wie lange. Aus vertraulichen Unterlagen geht hervor, dass auch eine Portion Abstimmungstaktik hinter dem Rückzugsmanöver steckte. Beantragt wurde die Abschreibung der beiden Teilvorlagen von Mitte-Nationalrat Leo Müller (63, LU). Angesichts der Corona-Krise sei es «völlig undenkbar», dass diese Projekte im Parlament einfach durchgewinkt würden, begründete er im August in der Wirtschaftskommission.

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Gleichzeitig öffnete er ein Hintertürchen: Im Rahmen der OECD-Reform zur Unternehmens-Mindestbesteuerung liessen sich wenn nötig «punktuell Anpassungen» vornehmen. Das sei viel intelligenter, als nun das volle Programm durchzuziehen.

Mit Blick auf die Abstimmung sah Müller dieses Vorgehen zudem «als vorteilhaft an». So entstehe nicht der Eindruck, «dass man Salamitaktik betreibe». Wobei er nochmals hinterherschob, «dass wir dann immer noch wenn nötig einzelne Punkte zu einer Revision bringen können».

Mitte-Müller: «Bösartige Unterstellung»

Kommt eine vollständige Abschaffung der Stempelabgabe also wieder auf den Tisch, wenn das Stimmvolk am 13. Februar dem ersten Teil zustimmt? «Nein, für mich kommt das nicht in Frage», sagt Müller zu Blick. Er will seine damaligen Aussagen nicht als Freipass für eine vollständige Abschaffung verstanden wissen. «Das wäre eine bösartige Unterstellung.»

Mit den von ihm angesprochenen Korrekturen habe er etwa die Umsatzabgabe auf inländische Obligationen «im Umfang von lediglich rund 25 Millionen Franken» gemeint, die bereits im neuen Verrechnungssteuergesetz Eingang gefunden habe. Gegen dieses wurde ebenfalls das Referendum ergriffen.

Dass die Thematik von anderer Seite wieder auf den Tisch kommt, kann allerdings auch Müller nicht ausschliessen – doch wenn, dann sei dies «chancenlos».

Stempelsteuer-Abschaffung auf Wunschliste

Allerdings steht die vollständige Abschaffung der Stempelsteuer im Expertenbericht «Steuerstandort Schweiz» aus dem Finanzdepartement von SVP-Bundesrat Ueli Maurer (71) ganz weit oben auf der Wunschliste.

Und SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (43) betonte in der Wirtschaftskommission, man müsse abwarten, was bei der OECD-Reform herauskomme. Müssten die betroffenen Firmen künftig mehr Steuern bezahlen, könne man gewisse Elemente aus der abgeschriebenen Vorlage wieder einbringen, «um diesen Firmen entgegenzukommen». Man könne die bisherigen Arbeiten «jederzeit im Rahmen einer Kommissionsinitiative wieder in den Rat bringen».

Aeschi will seine damalige Aussage nicht konkret kommentieren. «Bei der Emissionsabgabe muss ein Start-up Steuern bezahlen, bevor es überhaupt einen Franken verdient hat», sagt er allgemein. «Die Aufhebung dieser Ungerechtigkeit mit der Abstimmung vom 13. Februar ist richtig und hat nichts mit den übrigen Stempelsteuern zu tun, die zum Beispiel auf Käufen und Verkäufen von in- und ausländischen Wertpapieren erhoben werden.»

Worum es geht

Am 13. Februar entscheidet die Bevölkerung über die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital. Die sogenannte Stempelsteuer erhebt der Bund, wenn Unternehmen Eigenkapital beschaffen – etwa indem sie Aktien ausgeben. Die Abgabe beträgt ein Prozent des aufgenommenen Betrags. Summen unter einer Million Franken sind davon befreit. Eine Mehrheit des Bundesrats und des Parlaments will die Steuer abschaffen. Das senke die Kosten für Investitionen und wirke sich positiv auf Wachstum und Arbeitsplätze aus. Der Bund schätzt die Einbussen auf rund 250 Millionen Franken jährlich. SP, Grüne und Gewerkschaften haben das Referendum gegen die Abschaffung ergriffen. Sie kritisieren den geplanten Schritt als Privilegierung von Grosskonzernen.

Am 13. Februar entscheidet die Bevölkerung über die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital. Die sogenannte Stempelsteuer erhebt der Bund, wenn Unternehmen Eigenkapital beschaffen – etwa indem sie Aktien ausgeben. Die Abgabe beträgt ein Prozent des aufgenommenen Betrags. Summen unter einer Million Franken sind davon befreit. Eine Mehrheit des Bundesrats und des Parlaments will die Steuer abschaffen. Das senke die Kosten für Investitionen und wirke sich positiv auf Wachstum und Arbeitsplätze aus. Der Bund schätzt die Einbussen auf rund 250 Millionen Franken jährlich. SP, Grüne und Gewerkschaften haben das Referendum gegen die Abschaffung ergriffen. Sie kritisieren den geplanten Schritt als Privilegierung von Grosskonzernen.

Grünen-Rytz rechnet mit neuen «Steuergeschenken»

Grünen-Nationalrätin Regula Rytz (59, BE) ist überzeugt, dass die Bürgerlichen die Finger nicht lange von der Stempelsteuer lassen werden. «Sie nehmen die OECD-Reform zum Anlass, den Unternehmen neue Steuergeschenke zu verteilen – das ist sonnenklar», sagt die Wirtschaftspolitikerin. Das schweizerische Steuersystem werde seit 20 Jahren umgebaut. «Und zwar immer mit dem Ziel, Kapital zu entlasten und dafür Löhne und Konsum stärker zu besteuern.»

Wenn es bei einer Steuergeschenk-Idee zu viel Widerstand gebe, lasse man sie etwas ruhen und ziehe eine andere vor. «Ein paar Jahre später holt man sie wieder aus der Versenkung und setzt sie um», so Rytz. Aktuell passiere dies gerade mit der Tonnage-Tax für globale Schifffahrtskonzerne. «Das wird bei der Stempelsteuer genau gleich laufen.»

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