VBS zweifelt an Pariser Angebot
Streit im Bundesrat um Kampfjet-Deal

SRF-Recherchen deuten darauf hin, dass Bundesrätin Viola Amherd nicht ganz ehrlich war. Die Verteidigungsministerin aber will weiter nichts von kurzfristigen Kampfjet-Deals gewusst haben. Diese wären sogar sinnlos gewesen, argumentiert ihr Departement.
Publiziert: 12.07.2022 um 01:35 Uhr
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Der Bundesrat habe Frankreich weiter zappeln lassen – obwohl sein Kampfjet-Entscheid eigentlich schon gefallen sei.
Foto: keystone-sda.ch
Daniel Ballmer

Nein, nein und nochmals nein. Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (60) und ihr Verteidigungsdepartement (VBS) bleiben dabei: Von Verhandlungen mit Kampfjet-Herstellerländern durch andere Bundesratsmitglieder will man nichts gewusst haben. Dabei bleibt das VBS. Es zeigt sich unbeeindruckt von neuen Recherchen von Radio SRF. Im Gegenteil: Auf Zusagen von Frankreich hätte man sich ohnehin nicht verlassen können, so das VBS.

Fakt ist: Paris fühlte sich vom Bundesrat vor den Kopf gestossen. Finanzminister Ueli Maurer (71) und Aussenminister Ignazio Cassis (61) sollen ausgelotet haben, wie Frankreich uns entgegen kommen würde, sollte sich die Schweiz für den französischen Jet entscheiden.

Macron liess sogar Treffen platzen

Da sich der Bundesrat dann aber doch für den US-Jet F-35 entschied und dieser Entscheid offenbar schon länger feststand, war Paris vor den Kopf gestossen: Vergangenes Jahr liess Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron (44) sogar ein angedachtes Treffen mit dem damaligen Bundespräsidenten Guy Parmelin (62) platzen.

Denn offenbar hatte Bern Paris im Glauben gelassen, die französische Rafale sei noch im Rennen – wenige Tage vor Bekanntgabe des Typenentscheids hatte man wegen politischer Gegengeschäfte noch bei Macron angeklopft. Für die Franzosen habe es so ausgesehen, als ob das Rennen um den Sechs-Milliarden-Deal noch offen sei, obwohl die Würfel längst für den US-Jet gefallen waren. Kein Wunder, dass sich Paris hintergangen fühlte.

Amherd verteidigte sich stets, sie habe von solchen Verhandlungen keine Kenntnis gehabt. Damit warf sie Finanzminister Maurer und Aussenminister Cassis vor, hinter ihrem Rücken gedealt zu haben. Auch in ihrer Partei regte man sich massiv über den Vorgang auf.

SRF: Amherd habe doch davon gewusst

Recherchen von Radio SRF aber liessen Amherds Aussagen am letzten Freitag plötzlich wackeln. Demnach habe sich der Bundesrat vom unterlegenen Anbieter Frankreich die Bereitschaft zu politischen Gegengeschäften bestätigen lassen, wenn die Schweiz den Kampfjet Rafale kauft. Die Regierung habe das für geheim erklärte Schreiben bei Finanzminister Maurer in Auftrag gegeben. Beim Entscheid mit dabei: Viola Amherd.

Was stimmt nun?

Die Darstellung des SRF beruht auf Aussagen mehrerer, offenbar glaubwürdiger Quellen. Doch die offizielle Stellungnahme bleibt: Wenn solche Verhandlungen stattgefunden haben sollten, «dann ohne Wissen der Departementsvorsteherin und des VBS», hält das Departement erneut gegenüber Blick fest.

Und nicht nur das: In einer schriftlichen Stellungnahme zieht das VBS mögliche Zusagen Frankreichs in Zweifel. «Auch die Verbindlichkeit einer allfälligen schriftlichen Absichtserklärung für die Anpassung eines Grenzgängerabkommens, die der Schweiz in den letzten zehn Jahren nicht gelungen ist, müsste hinterfragt werden», so das VBS. «Es gibt keine Garantie, dass eine solche auch tatsächlich umgesetzt würde.»

Für VBS «illusorisch»

In anderen Worten: Verhandlungen über politische Gegengeschäfte wären ohnehin sinnlos gewesen: «Zu glauben, dass die aufgrund des Verhandlungsabbruchs mit der EU bestehenden Probleme über eine Rüstungsbeschaffung gelöst werden könnten, ist illusorisch.» Zwar sei Frankreich ein wichtiges EU-Land, aber doch nur eines von 27.

Für das VBS wäre es unverantwortlich, aufgrund von «gut gemeinten, aber letztlich nicht verbindlichen Absichtserklärungen» ein technisch schlechteres Flugzeug zu einem höheren Preis kaufen. Wegen des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen sei das auch gar nicht rechtlich zulässig.

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