Ein Jahr nach dem Entscheid für den neuen Kampfjet-Typen gerät Verteidigungsministerin Viola Amherd (60) plötzlich in ein schiefes Licht. Schon Wochen vor dem Entscheid stand fest, dass sich der Bundesrat für den F-35 entscheiden würde. Der US-Tarnkappenjet sei nicht nur das beste, sondern auch das günstigste von vier Angeboten, warb Amherd bei jeder Gelegenheit.
Gerade in Frankreich, das der Schweiz den Rafale-Jet angepriesen hatte, sorgte das für Verstimmung. Schliesslich habe der Bundesrat Paris noch kurz vor seinem Entscheid erneut wegen politischer Gegengeschäfte angefragt – obwohl die Würfel längst gefallen waren. Frankreich fühlte sich hinters Licht geführt.
Amherd wollte von nichts wissen
Von solchen Verhandlungen aber wollten Amherd und ihr Verteidigungsdepartement VBS nichts wissen. «Wenn solche stattgefunden haben, dann ohne Wissen der Departementsvorsteherin und des VBS», behauptete das Departement in einer Stellungnahme. Amherd warf damit Finanzminister Ueli Maurer (71) und Aussenminister Ignazio Cassis (61) vor, hinter ihrem Rücken gedealt zu haben.
Nun aber lassen Recherchen von Radio SRF Amherds Aussagen ins Wanken geraten. Sie sollen zeigen: Eine Woche vor dem Typen-Entscheid habe sich der Bundesrat vom unterlegenen Anbieter Frankreich die Bereitschaft zu politischen Gegengeschäften bestätigen lassen, wenn die Schweiz den französischen Kampfjet Rafale kauft. Die Regierung habe das für geheim erklärte Schreiben bei Finanzminister Maurer in Auftrag gegeben. Dieser sollte sich an seinen französischen Amtskollegen Bruno Le Maire (53) wenden. Beim Entscheid mit dabei: Viola Amherd.
Paris ist sauer – VBS schweigt
Frankreich habe die Bestätigung geliefert – mit zwei Zusagen: Einerseits zeigte sich Paris bereit, einen grösseren Anteil der Steuereinnahmen aus Löhnen von Grenzgängern an acht Schweizer Kantone abzuliefern. Geschätzte 3,5 Milliarden Franken über zehn Jahre hätte das eingebracht. Als Zweites sicherte Le Maire zu, dass Frankreich die Schweiz künftig in allen europapolitischen Dossiers unterstützen würde. SRF beruft sich dabei auf vier voneinander unabhängige Quellen.
Der Bundesrat aber blieb beim F-35. Paris reagierte brüskiert und brach alle hochrangigen diplomatischen Beziehungen mit der Schweiz ab. Die Verstimmung zwischen Bern und Paris hält bis heute an. Das habe auch mit späteren Aussagen von Amherds VBS zu tun, berichtet SRF.
Das VBS will sich zu diesem Widerspruch nicht äussern: «Da Bundesratssitzungen vertraulich sind, können wir uns nicht zu Ihren Fragen äussern», wird Kommunikationschef Renato Kalbermatten zitiert. Ansonsten aber halte man an früheren Aussagen fest. (dba)