Auf einen Blick
- Initiative will Schweizer Wirtschaft an planetare Grenzen binden
- Planetare Grenzen definieren Limits für sicheres Ökosystem der Menschheit
- Laut erster Umfrage sind 49 % der Stimmbürger gegen die Initiative, 45 % dafür
Die Jungen Grünen wollen die Schweizer Wirtschaft mit der Umweltverantwortungs-Initiative an die Klima-Leine nehmen. Am 9. Februar muss das Schweizer Stimmvolk entscheiden, ob es dem Begehren folgen will. Blick erklärt die wichtigsten Fragen.
Was will die Initiative?
Das Jahr hat zwar erst begonnen. Doch eigentlich müsste es bereits in etwas mehr als vier Monaten wieder enden. Denn würden alle Länder so viele Ressourcen verbrauchen wie die Schweiz, wäre am 7. Mai alles aufgebraucht, was die Natur bereitstellen und regenerieren könnte. Laut den Berechnungen der Nichtregierungsorganisation Global Footprint Network verbrauchen Schweizerinnen und Schweizer also im Jahr rund zweieinhalb Erden.
Die Umweltverantwortungsinitiative will dies ändern: Sie will die Schweizer Volkswirtschaft verpflichten, sich nur innerhalb von den sogenannten planetaren Grenzen zu entwickeln. Heisst: Die Schweiz darf nicht mehr Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe ausstossen, als ihr eigentlich zustehen würden.
Umgesetzt werden soll dies gemäss Initiativtext innerhalb eines Jahrzehnts. Er lässt aber offen, mit welchen Massnahmen die Schweiz es bewerkstelligen soll.
Was sind planetare Grenzen?
Die planetaren Grenzen definieren Limits, damit die Menschheit auch zukünftig in einem sicheren Ökosystem leben kann. Das Konzept wurde 2009 durch das Stockholm Resilience Centre der Universität Stockholm vorgestellt.
Die Grenzwerte sind dabei für neun globale Prozesse definiert: Klimawandel, Verlust der Artenvielfalt, Wasserverbrauch, Bodennutzung, Stickstoff- und Phosphoremissionen, Abbau der Ozonschicht, Aerosolbelastung, die Versauerung der Ozeane sowie die Einbringung neuartiger Substanzen.
Die Initiative will sich auf die ersten fünf Grenzen beschränken. Innerhalb dieser hat die Schweiz laut einer Greenpeace-Studie von 2023 ihre Limits nur bei der Bodennutzung und beim Phosphorausstoss noch nicht überschritten.
Was sind die Argumente des Initiativkomitees?
Laut Befürworterinnen und Befürwortern hilft das Begehren, die Lebensgrundlagen der Menschheit zu erhalten. So hätten alle Menschen ein Recht auf gesunde Lebensmittel, reines Trinkwasser und saubere Luft. Besonders die Wirtschaft trage eine grosse Verantwortung.
Die Jungen Grünen holten neben ihrer Mutterpartei auch die SP, Juso, zahlreiche Umweltorganisationen wie Greenpeace und die Klimaseniorinnen sowie die Kleinbauern-Vereinigung an Bord. Zudem unterstützen 83 Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer gemeinsamen Erklärung die Initiative.
Wer ist dagegen und weshalb?
Ausserhalb der linken Parteien erhält die Umweltverantwortungsinitiative kaum Zuspruch. Sowohl der Bundesrat, das Parlament sowie Wirtschaftsverbände lehnen die Initiative ab. Die Befürchtung: neue Vorschriften und Verbote, die den Konsum stark einschränken, die Wirtschaft schwächen sowie Produkte und Dienstleistungen verteuern würden. Gegnerinnen und Gegner bezeichnen die Vorlage daher im Abstimmungskampf als «Verarmungs-Initiative».
Lieber soll die bisherige Umweltpolitik fortgesetzt werden. So sind laut dem Bundesrat bereits genügend ausgewogene Bestimmungen in der Schweizer Verfassung verankert. Neue, drastische Massnahmen, die das Bundesbudget stark belasten würden, seien somit unnötig.
Welche Chancen hat das Begehren an der Urne?
Erste Umfrageergebnisse deuten auf eine Niederlage für die Umweltverantwortungsinitiative hin. Laut einer SRF-Befragung waren vor Weihnachten rund 49 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger bestimmt oder eher gegen die Vorlage. Dagegen sprachen sich nur 45 Prozent für das Begehren aus – dies jedoch deutlich bestimmter. Sechs Prozent waren noch unentschlossen.
Die Initiative spaltet dabei sowohl auf politischer als auch geschlechtlicher Ebene: Linke und Frauen sind deutlich dafür, Bürgerliche und Männer deutlich dagegen. Die Polarisierung widerspiegelt dabei die Resultate des aktuellen Wahlbarometers, das das Meinungsforschungsinstitut Sotomo im Dezember veröffentlichte.