Auf einen Blick
- Umweltverantwortungsinitiative fordert drastische Reduktion der Öko-Belastung bis 2035
- Gegner warnen vor Verarmung und Wohlstandsverlust durch die Initiative
- Schweiz müsste laut Berechnungen Öko-Belastung um circa 67 Prozent reduzieren
Im Grunde genommen ist der 9. Februar 2025 schon morgen. So fühlt es sich jedenfalls im politischen Betrieb an, zumal an jenem Datum über eine Initiative mit brisantem Inhalt abgestimmt wird und die Strategen beider Seiten kaum mehr Zeit für eine richtige Kampagne haben – nach der Adventszeit folgen Weihnachten, Neujahr und Silvesterkater, womit im neuen Jahr noch knapp ein Monat Zeit für die Meinungsbildung bleibt.
Und die ist Befürwortern wie Gegnern ein Herzensanliegen, schliesslich geht es um eine radikale Volksinitiative, wenn auch mit einem ziemlich sperrigen Namen: «Für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen», etwas kürzer: Umweltverantwortungs-Initiative.
Offiziell verlangen die Initianten, dass die Volkswirtschaft nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen darf, damit «die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben». Was vernünftig und eingemittet tönt, wäre in Tat und Wahrheit eine der grundlegendsten gesellschaftlichen Kuren der jüngsten Vergangenheit.
Nach Berechnungen des Gegenlagers, die sich auf Zahlen des Bundesamts für Umwelt stützen, hiesse das im Klartext: Die Schweiz müsste ihre Ökobelastung um circa 67 Prozent reduzieren – und dies bis ins Jahr 2035. Denn die Initiative gibt eine starre Frist von zehn Jahren vor. Betroffen wären alle. Die Nation befände sich im Marschtempo in eine schöne neue grüne Zukunft, kreiert auf dem umweltideologischen Reissbrett.
Hinter dem Ansinnen stehen die Jungen Grünen, unterstützt werden sie vom gesamten linken Spektrum inklusive der SP.
Widersprüchlich: Die Stahlindustrie wird mit linker Hilfe gestützt
Die Bürgerlichen sind alarmiert, betroffene Sektoren wie die Fleischindustrie, die Reise- und Transportbranche oder der Einzelhandel zittern – seit dem Nein zum Autobahnausbau und der Annahme einer 13. AHV-Rente gelten linke Vorlagen plötzlich wieder als mehrheitsfähig. Der Zeitgeist hat gekehrt.
Also haben sich die Kontrahenten zusammengerauft und lancieren am Montag den Abstimmungskampf. Im Zentrum steht das politische Ur-Instrument: das Wort. So wollen die unter freisinniger Leitung agierenden Gegner für die Vorlage das Label «Verarmungs-Initiative» etablieren, sowohl in den sozialen Medien als auch auf Inseraten, deren Sujets SonntagsBlick vorliegen.
«Explodierende Preise, Konsumverzicht und massiver Wohlstandsverlust sind die Folge», heisst es beim Nein-Lager; «Schweizerinnen und Schweizer verarmen». Bezahlen würden Mittelstand und Geringverdiener, Reiche würden «dem Öko-Diktat ausweichen und auswandern». Was manchen sauer aufstösst, ist der moralische Widerspruch der Aktivisten: Eben hat das Parlament unter Mitwirkung der Linken Steuergelder für die Zukunftslose Schweizer Stahlindustrie lockergemacht – die bei einer Annahme der Umweltverantwortungs-Initiative todgeweiht wäre.
Die Gegner fokussieren also auf die Konsumenten und Steuerzahler – ob dies funktioniert, um in zwei Monaten die Revolution an der Urne zu verhindern, ist offen. Im Jahr 2014 kam mit der SVP-Masseneinwanderungs-Initiative schon einmal eine Vorlage an einem 9. Februar vors Volk, mit deren Annahme kaum jemand gerechnet hatte.