Ein linkes Bündnis hat am Dienstag die Abstimmungskampagne gegen die Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) lanciert. Diese ignoriere die finanzielle Lage der Pensionskassen und sei komplett aus der Zeit gefallen, hiess es vor den Medien. Es sei die schlechteste Vorlage für die Arbeitnehmenden.
Die Pensionskassen hätten in den vergangenen zehn Jahren hohe Renditen erzielt und würden «in Geld schwimmen», hielt das Komitee in Bern fest. Doch mit dem «BVG-Bschiss» komme es zu höheren Lohnabzügen und tieferen Renten.
Durch die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent sinke die Rentengarantie bei gleichbleibendem BVG-Altersguthaben um 12 Prozent, sagte Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Das sei ein grosser Verlust der Renten. Dabei brauche es Stabilität und Glaubwürdigkeit in der zweiten Säule.
Nein-Komitee sprich von «Pfusch»
Bei der heutigen sehr guten Lage der Pensionskassen sei es an der Zeit, einen Teuerungsausgleich auf den laufenden Renten zu gewähren. Denn in den vergangenen drei Jahren haben die Renten laut SGB aufgrund der Teuerung über 5 Prozent an Kaufkraft verloren.
Für das Komitee hat das Parlament zudem bei der Ausarbeitung der Reform «gepfuscht», es entstehe dadurch eine riesige Rentenunsicherheit. Mit der Reform werde es für Arbeitnehmende letztlich zur Lotterie, ob ihre Renteneinbussen kompensiert würden oder nicht.
Die Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration fielen ungenügend aus, hiess es. Um die Senkung des Umwandlungssatzes auszugleichen, wäre eine Übergangsphase von mindestens 20 Jahren notwendig gewesen. Doch das Parlament habe diese auf 15 Jahre befristet. Die Rentenverluste der Fünfzigjährigen seien damit am höchsten. Auch die Kapitalgrenze führe zu Problemen.
Über 50-Jährige trifft es am härtesten
SGB-Vizepräsidentin und Unia-Präsidentin Vania Alleva bezeichnete die Vorlage als «Rentenklau». Am härtesten treffe es Menschen über 50 Jahre, bei ihnen komme es zu Rentenverlusten von über 3200 Franken pro Jahr. Besonders «krass» seien Menschen mit niedrigen Löhnen betroffen. Und mit der BVG-Reform würden die Lohnabzüge für die zweite Säule steigen – ausgerechnet Personen mit tiefen und mittleren Einkommen müssten bis zu 2400 Franken pro Jahr mehr bezahlen.
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Einzig und allein die Finanzindustrie werde profitieren, die jährlich 7 Milliarden Franken vom Ersparten abzweige. «Gehts noch», sagte Alleva dazu. Die Pensionskasse sei kein Selbstbedienungsladen für die Finanzindustrie.
Für SP-Co-Präsident Cédric Wermuth gibt die Reform auf keines der drei Hauptprobleme der zweiten Säule – das Kaufkraft-, Gleichstellungs- und Abzockerei-Problem – eine Antwort. Insbesondere gebe es bei der Verwaltung der Vermögen ein massives Effizienz- und Abzockerproblem. So verschwinde nahezu jeder fünfte Franken aus Renten- und Kapitalleistungen «im Nirvana».
Rentenlücke bei Frauen mit Kindern
Die Zuger Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt sagte, die höchste Rentensenkung hätten die Frauen zu tragen. Und die Rentenlücke sei enorm: Aus der zweiten Säule erhielten Frauen gerade mal rund halb so viel Rente wie Männer. Die Lücke entstünde vor allem, wenn Frauen Kinder bekämen.
Die Rentenlücke zwischen Frauen mit Kindern und Männern mit Kindern betrage 41,5 Prozent. Ausgerechnet jene Frauen, die am stärksten betroffen seien durch die Erhöhung des Rentenalters in der AHV, trügen mit der BVG-Reform auch die höchsten Rentensenkungen, so Weichelt.
Travail-Suisse-Präsident Adrian Wüthrich will die Reform «zurück an den Absender schicken, denn höhere Löhne würden durch die BVG-Reform geschont. Mittlere Einkommen müssten jedoch mit Renteneinbussen von 5 bis 15 Prozent rechnen.
Über die BVG-Reform wird am 22. September abgestimmt.