Es sollte nichts, aber auch gar nichts zwischen Katar und die Fussball-WM kommen. Um auf Nummer sicher zu gehen, taten die Scheichs wirklich alles. Mithilfe von Ex-CIA-Agenten liess das Emirat offenbar Funktionäre des Weltfussballverbands Fifa und mögliche Konkurrenten ausspionieren. In welchem Ausmass, zeigen SRF-Recherchen, die am Mittwoch veröffentlicht wurden.
Unter dem Namen «Projekt Gnadenlos» wurden E-Mail-Accounts, Computer, Telefone – selbst der Freundeskreis und die Familien von Fifa-Leuten ausspioniert. Laut SRF finanzierte die Herrscherfamilie – darunter der heutige Emir Tamim bin Hamad Al Thani (42) – die riesige Abhöraktion. Das Ziel: Zu verhindern, dass Katar die Weltmeisterschaft wegen der massiven Kritik verliert.
Die Scheichs zahlten 390 Millionen Dollar
Während neun Jahren sollen allein für eine Teiloperation mehr als 66 Agenten im Einsatz gewesen sein. Das Budget lag bei 387 Millionen Dollar. Die Nachrichtenagentur AP berichtete bereits im November 2021, dass der ehemalige CIA-Mann Kevin Chalker und seine Firma «Global Risk Advisors» schon vor dem WM-Zuschlag im Jahr 2010 angeheuert wurden.
Auch CH Media berichtete kürzlich, dass die Fifa-Zentrale in Zürich gezielt ausspioniert wurde. Im Fokus unter anderem Theo Zwanziger (77), Mitglied des mächtigen Fifa-Exekutivkomitees und Gegner der WM-Vergabe an Katar. Allein für dessen Bespitzelung sollen die Scheichs zehn Millionen Dollar gezahlt haben.
Auch Schweizer im Visier
Gemäss SRF war auch Peter Hargitay (71), ein PR-Profi mit Schweizer Pass, der unter anderem Rohstoffhändler Marc Rich (1934-2013) vertreten hatte, Ziel eines Cyberangriffs. In den 2000er Jahren war Hargitay Berater des damaligen Fifa-Präsidenten Sepp Blatter (86). Hargitay war auch Berater der australischen Kandidatur für die Fussball-WM 2022 – eines Konkurrenten von Katar. Über Hargitay wollten die Scheichs demnach an Material über den Chef der Australien-Kandidatur, Frank Lowy (92), kommen – und dieses dem FBI zuspielen.
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Hargitay reichte laut SRF bereits 2012 Strafanzeige in Zürich ein. Die Staatsanwaltschaft stellte den Fall acht Jahre später «wegen unzureichender Ermittlungsansätze» ein.
Bei der Fifa scheint man von der Spionage nichts bemerkt zu haben. Im Interview mit SRF sagt der ehemalige Präsident Sepp Blatter (86): «Dass es eine organisierte Spionageaffäre in der Fifa gab, hat mich überrascht. Und es ist bedenklich, dass man das macht.»
Die heutige Fifa-Spitze um Gianni Infantino (52), der zeitweise in Katar wohnt, sieht das lockerer. Anfang Oktober teilte sie CH Media mit: Man nehme «nicht zu Annahmen und Hörensagen Stellung, das Drittparteien» betreffe. (sf)