Der Zeitpunkt war gut gewählt: Ausgerechnet am nationalen Zukunftstag hat der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) den Aktionsplan Bildungsqualität vorgestellt. Denn für den LCH ist klar: Gut ausgebildete Schülerinnen und Schüler sind die Fachkräfte von morgen. Darauf basiere das Erfolgsmodell Schweiz.
LCH-Zentralpräsidentin Dagmar Rösler malte ein düsteres Bild: Am Personalmangel in den Schulen wird sich so schnell nichts ändern. «Bis 2030 dürften die Schülerinnen- und Schülerzahlen um acht bis elf Prozent wachsen», sagte Rösler am Donnerstag vor den Medien in Bern. In absoluten Zahlen heisst das: 2031 werden rund 86'000 Schülerinnen und Schüler mehr die obligatorische Schule besuchen als noch 2021. Rösler stützt sich dabei auf Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS).
Den Kantonen Dampf machen
Mit dem Aktionsplan Bildungsqualität wollen der LCH und vorerst neun Deutschschweizer Kantonalverbände eine Kampagne zugunsten des Lehrpersonals starten – und den Kantonen Dampf machen, endlich zu handeln. Bestärkt darin sehen sie sich durch eine Umfrage des Instituts Sotomo, wonach die Bevölkerung die Bildung hochhält.
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Ohne Massnahmen drohe eine Abwärtsspirale, so Rösler. Der Lehrberuf verliere an Attraktivität, der Personalmangel spitze sich noch stärker zu. Und wer, wenn nicht die Schule, bilde heute die Fachkräfte von morgen aus?, doppelte Stefan Wittwer, Geschäftsführer Bildung Bern, nach. Lehrerinnen- und Lehrerverbände sowie Bildungsinstitutionen und Schulen weisen seit langem auf die teilweise schwierigen Situationen vor Ort hin.
Jetzt hat die Lehrerschaft genug von den alljährlichen Notfallübungen gegen den Lehrermangel. Denn aktuell füllen immer mehr Kantone die Personallücken, indem sie Personen ohne Diplom anstellen. Eine Notlösung, die nicht zum Dauerzustand verkommen dürfe, lautet die Kritik.
Unterschriftensammlungen sollen Anfang 2024 starten
Da die Bildung Kantonssache ist, setzt der Aktionsplan dort an. In den Kantonen Aargau, Bern und Zug lancieren die Lehrerverbände Initiativen. In Graubünden richtet sich eine Petition gegen Abbaupläne der Regierung.
Damit will man erreichen, dass die flächendeckend hohe Bildungsqualität in der Verfassung festgehalten wird. Die Vorbereitungsarbeiten in den betreffenden Kantonen laufe, heisst es beim LCH. Spätestens im Januar des kommenden Jahres sollen die Unterschriftensammlungen gestartet.
Die Initiativen zielen in die gleiche Richtung. So sollen Lehrkräfte ohne Diplom zur Ausbildung verpflichtet werden. Dabei müssten die jeweiligen Kantone den Lohnausfall in geeigneter Weise abfedern. Weitere zentrale Punkte seien die Entlastung von administrativen Arbeiten, eine Stärkung der Klassenlehrerinnen und -lehrer, mehr Unterstützung bei der gezielten Förderung, kleinere Klassen sowie mehr Ausbildungsplätze. (oco)