Der Lehrermangel führt dazu, dass der Konkurrenzdruck zwischen den Schulen zugenommen hat. «Der ‹War for Talents›, der ‹Krieg um Talente›, ist in vollem Gange. Die Schulen unternehmen viel, um ihre Lehrpersonen zu halten und sich in ein gutes Licht zu stellen», sagt der oberste Schulleiter Thomas Minder (47). Es sei aber nicht per se schlecht, dass sich öffentliche Schulen vermehrt hervortun und ihr Profil schärfen müssten, so der Schulleiter.
«Aus meiner Sicht ist das eine gute Entwicklung. Schulen müssen sich heute mehr denn je fragen: Wo stehen wir und was können wir bieten?», sagt auch Angela Jetter (44). Sie ist selbständig und vernetzt Lehrpersonen mit Schulen – oder umgekehrt.
Die ehemalige Hotelfachfrau hat selber jahrelang als Quereinsteigerin mit Lehrdiplom an Primarschulen unterrichtet und ist heute mit beiden Seiten in engem Austausch. Ihre Mission: Schulen und Lehrpersonen zusammenbringen, damit diese besser zusammenarbeiten.
«Guetsli mit Logo der Schule reichen nicht»
«Schulen müssen ihre Denkweisen verändern und vermehrt versuchen, Lehrpersonen mit zusätzlichen Annehmlichkeiten zum Kommen oder Bleiben zu bewegen», sagt Jetter. Es reiche für das Marketing einer Schule heute nicht mehr, einfach Guetsli mit dem Logo der Schule zu bedrucken. Man müsse vermehrt die menschliche Komponente hervorheben.
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Denn: Viele Lehrpersonen – gerade auch jene aus der Generation Z – schätzten eine ausgeglichene Work-Life-Balance oder flexible Arbeitszeiten. Etwa, dass sie kompakt ihre Lektionen abhalten könnten und nicht während fünf Tagen für zwei Unterrichtslektionen an die Schule gehen müssten.
«Um neue Mitarbeitende von Beginn weg an sich zu binden oder ein vorzeitiges Abspringen von Lehrkräften zu verhindern, ist es entscheidend, dass Schulen wertschätzend auftreten und die Lehrerinnen und Lehrer einbinden», so die Expertin. Dazu gehörten auch gute Mentoringprogramme für Neueinsteigende.
Praktische Goodies von Vorteil
Mitgestaltungsmöglichkeiten seien für viele Lehrpersonen ebenfalls zentral: Etwa, dass sie Unterrichtsformen frei wählen könnten, damit Kinder in ihren Geschwindigkeiten arbeiten könnten – und dies an einem Ort, an dem es für sie stimme.
Oder dass die Schule eine offene Fehlerkultur lebe und sich Schulleiterinnen und -leiter im Alltag Zeit für Feedbackgespräche nehme. Zudem seien auch ganz praktische Dinge von Vorteil: ein eigenes Schulzimmer, gute ÖV-Anbindungen, in Städten eigene Parkplätze für Lehrpersonen.
«Es sind Kleinigkeiten, die einen grossen Unterschied machen», sagt Jetter. Und das Wichtigste: «Das kostet Schulen oft gar nichts!»