Noch sind Sommerferien, doch bald beginnt das neue Schuljahr. Allein: Vielerorts fehlt es noch immer an Lehrkräften. In praktisch jedem Kanton gibt es weit über hundert ausgeschriebene Stellen – sowohl auf Primar- als auch auf Sekundarstufe. Und das Thema dürfte sich weiter verschärfen. Laut Bundesamt für Statistik werden bis 2031 über 10'000 Lehrer fehlen.
Neu ist das Problem nicht – bereits seit einiger Zeit gibt es an vielen pädagogischen Hochschulen deshalb Programme für Quereinsteiger mit Hochschuldiplom und Berufserfahrung, die nur zwei statt der üblichen drei Jahre dauern. Mit dem verschärften Lehrermangel gehen nun einige Kantone noch weiter: Sie bieten Sommercamps für Lehrer ohne offizielles Diplom an. Doch funktioniert die Schnellbleiche wirklich?
Grosse Nachfrage in Bern
Die Pädagogische Hochschule (PH) in Bern hat ein solches Sommercamp in den vergangenen zwei Wochen durchgeführt. Die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer erhielten einen ersten Einblick in die Grundlagen des Lehrberufs. Es ging um Fragen wie: Was steht im aktuell gültigen Lehrplan? Welche Lehrmittel werden verwendet? Was sind Pflichtelemente in der Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten?
Die Nachfrage war gross. Insgesamt 130 Personen haben das Camp besucht. «Es ist eine tolle Erfahrung, man kriegt sehr viel Wissen in kurzer Zeit vermittelt, und mir wurden gewisse Zusammenhänge klarer. Die Wahlmodule der einzelnen Fächer waren sehr bereichernd», erzählt eine Teilnehmerin der Schule Hasli und Kandersteg BE. Für Lehrpersonen aus dem Kanton Bern war der Kurs gratis.
Bildungsexpertin überzeugt von den Camps
Ebenso wie die Teilnehmenden ist auch Bildungsexpertin Rebekka Masson (62) von den Camps überzeugt. «Ich finde solche Sommercamps die bessere Lösung als wöchentliche Kurse von ein paar Stunden. Man hat die Möglichkeit, sich auszutauschen und gewisse Bereiche gezielt zu vertiefen.»
Masson ist allgemein der Meinung, dass Quereinsteiger unserem Schulsystem guttun. Für den Lehrerberuf brauche es vor allem Lebenserfahrung. Ausserdem helfe es, wenn sich die Lehrer auf dem Arbeitsmarkt auskennen und nicht nur den Lehrerberuf kennen. «Die Schulen werden bunter, farbiger, lebendiger und auch persönlicher durch erfahrene Quereinsteiger», sagt Masson zu Blick.
Vorsicht vor Zweiklassengesellschaft
Die Schweizer Schulen seien auf Quereinsteiger angewiesen. «Man muss jedoch aufpassen, dass es nicht zu einem Zweiklassensystem kommt. Quereinsteiger müssen die nötigen Diplome bekommen und als vollwertige Lehrer anerkannt werden», sagt Masson. Die PH Bern macht denn auch in ihrer Medienmitteilung klar: Ein Sommercamp ersetze kein Studium.
«Das Angebot ist vielfältig, für jedes einzelne Thema bleibt jedoch nur sehr wenig Zeit», erklärt Andrea Meuli, Projektleiter des Sommercamps. «Die Komplexität des Lehrberufs ist sehr hoch, das Sommercamp ist kein Ersatz für eine Ausbildung.» Vielmehr sei die Schnellbleiche der Auftakt zu einer Auseinandersetzung mit dem neuen Beruf – und für einige auch die Brücke ins Studium zur Lehrperson.