Trotz neuem Transparenzgesetz
Wie Politiker ihre Spenden verschleiern

Dem neuen Gesetz zum Trotz: Wahlkomitees und Lobbys nutzen Möglichkeiten, um die Herkunft von Hunderttausenden Franken zu verschleiern.
Publiziert: 19.10.2023 um 09:10 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2023 um 12:23 Uhr
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Die Kandidaten für den Nationalrat müssen ab einer bestimmten Grösse ihr Budget offenlegen.
Foto: Keystone
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Otto Hostettler
Beobachter

Zum ersten Mal müssen bei den aktuellen nationalen Wahlen politische Akteure ihre Wahlkampfbudgets offenlegen. Wer mehr als 50'000 Franken einsetzt, muss die Zahlen der Eidgenössischen Finanzkontrolle melden. Offengelegt werden müssen auch die Namen von Personen oder Organisationen, die mehr als 15'000 Franken spenden.

Artikel aus dem «Beobachter»

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In der Realität ist das System der Offenlegung weit komplizierter. Die Regelung lässt den politischen Akteuren einigen Spielraum, um Spenden nicht zu deklarieren. Die einfachste Möglichkeit: Ein Wahlkomitee schaltet einen Gönnerverein zwischen Spender und Kampagne. So erscheint in der Kampagne lediglich der Betrag, den der Gönnerverein einzahlt. Wer dem Gönnerverein Geld überweist, wird nicht erfasst – und bleibt im Dunkeln

Donatoren, Unterstützer, Freunde

Solche Konstruktionen gibt es eine ganze Reihe, zeigen die von der Finanzkontrolle publizierten Daten. Etwa der «Club Bürgerliche 100 SVP AG» (unterstützt die Kampagne der SVP Aargau mit 100'000 Franken), der «Churfirsten-Club SVP SG» (zahlt 20'000 Franken für die SVP-Kampagne St. Gallen) oder die «Donatorenvereinigung FDP Luzern» (20'000 Franken für die kantonale FDP-Kampagne).

Bei anderen wird erst auf den zweiten Blick klar, wer vom Geld der Vereinigung profitiert. Der «Verein für bürgerliche Politik im Kanton Zug» unterstützt mit 95'000 Franken zum Beispiel keine FDP- oder Mitte-Personen, sondern ausschliesslich die 18 Kandidierenden der SVP Kanton Zug. Woher das Geld stammt, ist nicht bekannt.

Ähnlich der «Verein für lösungsorientierte Politik». Er unterstützt ausschliesslich die Baselbieter Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter – mit 120'000 Franken. Laut einem Bericht von SRF gründete Schneider-Schneiter den Verein selbst. Gegenüber SRF sagte die Mitte-Nationalrätin: «Ich halte mich an die Gesetze und die Transparenzvorschriften. Es ist alles korrekt.» Schneider-Schneiter, die auch als Verwaltungsratspräsidentin der Raiffeisenbank Basel amtet, legt immerhin eine Spende der Bank von 20'000 Franken offen – ausserhalb ihres Spendenvereins.

Doppelt verschachtelt

Die FDP des Kantons Schwyz verfügt gleich über eine doppelte Verschachtelung: Ein Unterstützungsverein hat selbst auch noch einen Unterstützungsverein. Der Verein «Suito 1833» nennt sich «Supportvereinigung der Freunde der FDP des Kantons Schwyz» und wurde bereits vor 40 Jahren gegründet. Der Verein «Freunde der FDP» wiederum ist das eigentliche Spendenvehikel für die kantonale FDP. Gemäss den bei der Finanzkontrolle eingereichten Unterlagen hat «Suito 1833» allerdings die Spenden von 54'000 Franken direkt der Kampagne der FDP Kanton Schwyz überwiesen.

Der Gönnerverein der SVP Kanton Bern nennt sich «Bären-Club» und finanziert die Kampagne von SVP-Ständerat Werner Salzmann mit 30'000 Franken. Die gleiche Summe erhält auch die SVP Kanton Bern für ihre Kampagne. Auch beim «Bären-Club» bleiben die Geldgeber im Dunkeln.

«Jetzt machen wir es halt so»

Klubpräsident ist der Berner Grossrat Thomas Fuchs. Seine Abneigung in Sachen Transparenz demonstrierte er etwa im Frühling 2023, als er in einer stadtbernischen Abstimmung über Parkgebühren die Fäden zog. In Bern müssen aufgrund ähnlicher Transparenzregeln Spenden über 5000 Franken offengelegt werden. Das Komitee um Thomas Fuchs meldete der Stadtkanzlei innerhalb weniger Tage gleich drei Spenden in der Höhe von je Fr. 4999.50. Damit blieben die Spender geheim. Fuchs gibt unumwunden zu, es gehe ihm darum, die Transparenzregelung zu umgehen: «Jetzt machen wir es halt so», sagte er damals dem «Beobachter».

Die Finanzkontrolle hat zwar die Meldungen der Parteien und Kandidierenden auf ihrer Website aufgeschaltet, doch die Daten lassen sich nur schlecht durchsuchen. Deshalb hat das WAV-Recherchekollektiv eine Plattform aufgebaut, um die Meldungen der Finanzkontrolle zugänglich zu machen. Alle Interessierten können sich hier selber ein Bild machen, welche Kandidierenden und welche Parteien Spendenvehikel nutzen.

«Es gibt zu viele Lücken in der neuen Gesetzgebung», sagt Journalist Balz Oertli vom WAV-Recherchekollektiv. «Es ist offensichtlich: Donatoren-, Gönner- und andere Supportvereinigungen sind dazu da, die Herkunft der Spender zu verschleiern.»

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