Das aktuelle Hudelwetter führt ein Lockdown-Problem eindrücklich vor Augen: Viele Büezer, die draussen arbeiten, müssen ihr Znüni, Zmittag oder Znacht in der Kälte essen. Ein Ort zum Aufwärmen fehlt vielerorts – zum Beispiel weil die Beizen zu sind. Das zehrt an der Substanz.
Die Obwaldner SVP-Nationalrätin Monika Rüegger (52) will geschlossene Restaurants deshalb in Kantinen für die frierenden Draussen-Arbeiter umwandeln. Mit ihrer Petition «Beizen für Büezer» will sie ihrer Forderung Nachdruck verschaffen. Die Idee stösst durchaus auf Sympathie, wie eine BLICK-Umfrage bei Büezern zeigt:
Liridon Bejadini (29), Netzbauelektriker aus Biel BE: «Ich bin oft draussen unterwegs und muss halt Take-away-Menüs essen – irgendwo oder im Auto. Die Idee, Restaurants für Büezer in Kantinen zu verwandeln, finde ich sehr gut. Wenn alles gut organisiert würde, gäbe es sicher keine Probleme.»
Reto Pipino (49), Post-Logistiker aus Zofingen AG: «Ich wohne zum Glück dort, wo ich die Post zustelle. Darum kann ich über den Mittag heim. Arbeitskollegen jedoch müssen meist Take-away-Essen holen und es in der Hauptpost schnell im Warmen essen. Wochen- oder monatelang ist das natürlich nicht gerade gesund. Deshalb finde die Idee der SVP-Nationalrätin gut!»
Michael Schär (50), Polier aus Brittnau AG: «Im Moment essen wir jeweils zu viert in Baubaracken. Wir haben in jeder eine Mikrowelle, um mitgebrachtes Essen zu wärmen. Es gilt, ausser beim Essen, Maskenpflicht. Leider reicht ein Sandwich nicht immer für Leute, die körperlich schwer arbeiten. Deshalb wäre ein Restaurant in der Nähe, wo man richtig essen kann, super.»
Werner Kull (64), Werkhofmitarbeiter aus Zofingen AG: «Ich kann zum Glück über den Mittag daheim essen. Probleme haben eher Büezer, die nicht fix in einer Ortschaft arbeiten. Beizen für Büezer öffnen, das würde ich jedoch nicht tun – vor allem wegen der neuen Viren. Für mich gehen die ganzen Massnahmen sowieso zu wenig weit.»
Simon Gemperli (43), Bauingenieur aus Aegerten BE: «Ich esse, obwohl ich regelmässig draussen bin, entweder zu Hause oder im Büro. An der Arbeitsstelle muss man das Essen jedoch allein am Arbeitsplatz einnehmen. Die Büezer, die immer draussen sind, wären schon froh, wenn sie ein richtiges Restaurant zum Aufwärmen hätten. Aber da müssen jetzt alle durch! Damit wir möglichst bald wieder mal einen Dreigänger in einer Beiz essen können.»
«Eine Zumutung, so Mittagspause zu machen»
Dass die aktuelle Situation für viele Arbeitnehmer schwierig ist, zeigt auch ein Blick in die Kommentarspalten auf Blick.ch. Dort stösst die Kantinen-Idee mehrheitlich auf positives Echo. «Sehr gute Idee. Wir frieren draussen. Ist eine Zumutung, so Mittagspause zu machen», schreibt ein BLICK-Leser.
Und ein anderer meint: «Coole Idee. Es ist für gewisse Berufsgattungen (nicht nur für Büezer auf dem Bau), die momentan grösstenteils draussen arbeiten müssen, sehr mühsam, ohne Restaurant auskommen zu müssen. Hier hat die Politik beim Schliessen der Beizen definitiv nichts überlegt.»
Support von Ratskolleginnen
Support bekommt Rüegger auch von Ratskolleginnen. «Eine rasche unbürokratische Lösung für frierende Büezer ist nötig!», schreibt SVP-Nationalrätin Therese Schläpfer (61, ZH) auf Twitter.
Auch Mitte-Nationalrätin Marianne Binder (62, AG) stellt sich hinter die Idee. «Bei diesen Temperaturen körperliche Arbeit zu leisten ohne Aufwärmung dazwischen und einem warmen Essen, ist eine enorme Herausforderung», twittert sie. «Meines Erachtens müsste der Bundesrat diese Verpflegungsmöglichkeiten gemäss Petition aber früher ermöglichen.»
Unia: «Das Problem ist real»
Offen zeigt man sich auch bei der Gewerkschaft Unia. «Das Problem ist real, die Idee ist daher naheliegend», sagt Unia-Sprecher Serge Gnos. Wer auf verschiedenen Baustellen unterwegs sei, der verpflege sich häufiger in einer Beiz. Das gehe im Lockdown nun aber nicht, daher brauche es neue Lösungen. «Gefordert sind in erster Linie die Arbeitgeber», findet Gnos. «Ob Beizen-Kantinen ein möglicher Weg sind, müssen aber die Behörden beurteilen. Im Fokus muss auf jeden Fall der Gesundheitsschutz aller stehen.»
Beim Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) stösst Rüeggers Vorschlag auf Anklang – «auch wenn es sich in der Praxis wohl lediglich um wenige Fälle drehen würde», so Kommunikationschef Fredy Greuter. Bei der Umsetzung müsse aber sichergestellt sein, «dass die Betreiber von temporären Kantinen im Auftrag der Arbeitgeber handeln». Damit könnten die Arbeitgeber ihrer Fürsorgepflicht nachkommen, die auch in Kantinen gelte.
Greuter betont zudem, dass die geltenden Schutzmassnahmen für Restaurants auch in umfunktionierten Kantinen eingehalten werden müssten. Eine Sonderregelung müsse aber von den betroffenen Branchen konkretisiert und weiter vorangetrieben werden.
Schon über 4000 Unterschriften
SVP-Frau Rüegger freut sich über die Unterstützung. «Ich habe querbeet positive Rückmeldungen erhalten, sogar von einer Juso-Politikerin», sagt sie zu BLICK. Und auch die Unterschriftenzahl kann sich wenige Stunden nach Sammelstart sehen lassen. Am Montagnachmittag zählte die Petition schon über 4000 Unterschriften.