Auf einen Blick
- Eigenmietwert-Abschaffung vor letzter Hürde. Volksabstimmung frühestens im Mai 2025 möglich
- Neue Objektsteuer auf Zweitwohnungen sorgt für Kontroversen in Tourismuskantonen
- Erwartete Steuerausfälle von 1,7 Milliarden Franken bei Bund und Kantonen
Am Freitag muss die Abschaffung des Eigenmietwerts noch die letzte parlamentarische Hürde nehmen. Sagen beide Räte in der Schlussabstimmung Ja, dann ist der Weg frei für eine Volksabstimmung frühestens im Mai 2025.
Allerdings könnte es noch einmal knapp werden, denn im Ständerat kam die neue Objektsteuer auf Zweitwohnungen am Donnerstag relativ knapp durch. In der Schlussabstimmung dürften aber auch der eine oder andere Skeptiker Ja stimmen, um dem Stimmvolk die Entscheidung über den verkorksten Kompromiss zu überlassen.
Noch offen ist, ob beide Vorlagen an die Urne kommen. Die Objektsteuer muss zwingend vors Volk, da es sich um eine neue Verfassungsbestimmung handelt. Das Eigenmietwert-Gesetz kommt nur vors Volk, wenn jemand das Referendum ergreift und 50'000 Unterschriften dafür sammelt. Nötig ist das aber nicht, da die beiden Vorlagen miteinander verknüpft sind. Die Eigenmietwert-Abschaffung würde also nur umgesetzt, wenn auch die Objektsteuer von Volk und Ständen gutgeheissen wird.
Mieterverband bekämpft Abschaffung
«Es braucht keine Unterschriftensammlung. Das ist eine grosse Erleichterung für alle Gegner», sagt Mieterverbands-Präsident und SP-Ständerat Carlo Sommaruga (65) zu Blick. Die Abschaffung des Eigenmietwerts könne man mit einem Nein zur Objektsteuer verhindern. «Bei einer Abschaffung muss die gesamte Bevölkerung die Zeche zahlen», verweist Sommaruga auf die erwarteten Steuerausfälle von rund 1,7 Milliarden Franken bei Bund und Kantonen. «Alle müssen mehr Steuern bezahlen oder erhalten weniger Service public – das trifft auch die Mieterinnen und Mieter, die nichts von einem Systemwechsel haben.»
Der Genfer zeigt sich zuversichtlich, dass das Stimmvolk die Vorlage ablehnen wird. Denn nicht nur der Mieterverband ist dagegen, auch aus der Bau- und Energiebranche kommen kritische Stimmen. Diese befürchten weniger Aufträge, wenn Unterhalts- oder Energiesparmassnahmen nicht mehr steuerlich abgezogen werden können. Die Objektsteuer dürfte zudem in den Tourismuskantonen auf Widerstand stossen.
In der Zwickmühle
«Viele Jäger sind des Hasen Tod», sagt der Bündner Mitte-Ständerat Stefan Engler (64). Er machte sich bis zuletzt dafür stark, dass der Eigenmietwert auf Zweitwohnungen beibehalten wird, damit die Steuerausfälle nicht zu gross werden. Mit dem kompletten Systemwechsel müssen alleine schon Graubünden und Wallis gemeinsam 120 bis 140 Millionen an Mindereinnahmen verkraften.
«Es wird schwierig, solche Ausfälle zu kompensieren», so Engler. Allerdings weiss er auch, dass der Eigenmietwert gerade in den Landkantonen mit vielen Hausbesitzern besonders unbeliebt ist. Eine Zwickmühle. Noch lässt er offen, wie er in der Schlussabstimmung stimmen wird. «Ich weiss es selber noch nicht», sagt er. «Vielleicht sollten wir aber dem Volk den Entscheid ermöglichen.»
Objektsteuer als «Scheinkompensation»
Genau dies befürchtet der Walliser Mitte-Ständerat Beat Rieder (61) – dass das Parlament «den Notausgang wählt und die heisse Kartoffel dem Volk weiterreicht». Der Bergler stellt sich klar gegen die Vorlage. «Die damit verbundenen Steuerausfälle im heutigen Finanzumfeld des Bundes und der Kantone sind ein absoluter Wahnsinn.» Dies umso mehr, weil durch den Spardruck beim Bund auch die Kantone weiter unter Spardruck kommen würden.
Die neue Objektsteuer sei bloss eine «Scheinkompensation», habe deren Umsetzung in den Kantonen doch keine Chance und lasse diese mit dem Problem zurück. Er verweist dabei auf den Kanton Wallis, der 2009 eine kantonale Zweitwohnungssteuer einführen wollte. «Diese wurde mit 75 Prozent Nein hochkant abgelehnt», erinnert er sich. «Das würde auch diesem Mal wieder so sein.»
Rutz hofft auf Eigenmietwert-Coup
Zeigten sich die Walliser bei der Objektsteuer ablehnend, tat dies die Schweizer Bevölkerung bisher bei der Eigenmietwert-Abschaffung. Diese scheiterte bereits zweimal an der Urne – zuletzt 2012 eine entsprechende Volksinitiative mit 53 Prozent Nein-Anteil und gegen 13,5 Stände.
SVP-Nationalrat Gregor Rutz (52, ZH) ist trotz all dieser Widerstände optimistisch, dass der Eigenmietwert-Coup diesmal gelingt. «Man zahlt Steuern auf ein fiktives Einkommen, das man gar nicht hat – das ist absurd», sagt der Präsident des Hauseigentümer-Verbands. «Es geht dabei nicht um Immobilienhaie oder Superreiche, sondern ganz normale Leute, die in ihrem eigenen Haus leben.» Gerade älteren Menschen mit einem kleineren Einkommen mache der Eigenmietwert finanziell zu schaffen.
Mit der Abschaffung würden die Hausbesitzer steuerlich entlastet. «Dadurch haben sie mehr Geld zur Verfügung, welches sie in ihre Liegenschaften investieren können», so Rutz. «Unter dem Strich dürften das Gewerbe und die Wirtschaft sogar profitieren.»