Keine Chance im Ständerat
Keine Präventivhaft für Dschihad-Rückkehrer

Noch vergangenen Sommer hat der Nationalrat eine Präventivhaft für Gefährder deutlich abgelehnt. Dann war man plötzlich dafür. Der Ständerat schmettert das Geschäft nun aber ab.
Publiziert: 01.03.2021 um 12:06 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2021 um 10:19 Uhr
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Im Rechtsstaat gilt bis zuletzt die Unschuldsvermutung. Eine Präventivhaft würde daher den Rechtsstaat aushebeln, findet der Ständerat.
Foto: keystone-sda.ch

«Der Boden des Rechtsstaats würde verlassen», warnte SP-Ständerat und Jurist Daniel Jositsch (55, ZH). In dieselbe Kerbe hieb FDP-Rats- und Berufskollege Thierry Burkart (45, AG): «Der Rechtsstaat würde ausgehebelt».

Und tatsächlich: Nun ist es fix. Dschihad-Rückkehrer dürfen nicht in auf Verdacht präventiv inhaftiert werden. Der Ständerat hat am Montag eine Motion der SVP-Fraktion deutlich abgelehnt, die eine generelle Sicherheitshaft für Gefährder einführen wollte. Die Präventivhaft ist damit vom Tisch.

«Terrorismus mit den Instrumenten des Rechtsstaats bekämpfen»

Eine Präventivhaft sei mit dem Rechtsstaat und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar. Entsprechend sei die Motion abzulehnen, sagte Jositsch für die Sicherheitspolitische Komimssion (Sik-S): «Der Terrorismus bekämpft die Demokratien. Die Demokratie zu verteidigen, bedeutet, den Terrorismus mit den Instrumenten des Rechtsstaats zu bekämpfen.»

Ein Hinweis auf eine Beteiligung an einer verbotenen Organisation reiche nicht aus, um eine Sicherheitshaft anzuordnen, so Jositsch. Die Grenzen des Rechtsstaats seien zu beachten und aufrecht zu erhalten.

Der Terrorismus sei in der Schweiz angekommen, argumentierte hingegen SVP-Ständerat Werner Salzmann (58, BE) für die Motion seiner Partei. Er verwies auf die Vorkommnisse von Morges (VD) und Lugano (TI) vom vergangenen Jahr. «Das Verbot einer gesamten Organisation ist ein ausserordentlich starkes Mittel. Deshalb ist davon auszugehen, dass von Personen, die solch eine Organisation unterstützten, eine konkrete Bedrohung ausgeht.» Eine Präventivhaft sei in diesen Fällen unabdingbar.

Justizministerin Karin Keller-Sutter (57) erklärte, dass eine Untersuchungshaft der Rückkehr von Dschihad-Reisende schon heute angeordnet werden könne. Diese Möglichkeit werde auch von den Gerichten wahrgenommen.

Präventivhaft wäre nicht EMRK-konform

Sie erinnerte den Rat daran, dass die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) zusammen mit dem Justizdepartement (EJPD) die Einführung einer Präventivhaft rechtlich prüfen liessen. Das juristische Gutachten kam zum Schluss, dass einen solche Präventivhaft nicht EMRK-konform umsetzbar ist.

Der Nationalrat hatte sich bei der Beratung der Vorlage zu den polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT-Vorlage) im Juni 2020 mit 113 zu 78 noch deutlich gegen die Präventivhaft ausgesprochen. Neben der SVP stimmte nur noch die CVP für die Einführung einer Präventivhaft.

Kehrtwende vollzogen

Vier Monate später, im Oktober 2020, vollzog der Nationalrat dann aber eine Kehrtwende und nahm die Motion der SVP mit Unterstützung der FDP-Fraktion und einer Mehrheit der heutigen Mitte-Fraktion an.

Angestossen hatte die Diskussion um eine Sicherheitshaft die KKJPD. Nach dem Rechtsgutachten sah die Konferenz jedoch von ihrem Vorhaben ab.

Die Präventivhaft ist mit dem Entscheid des Ständerates vom Tisch. Das PMT-Gesetz ist allerdings noch nicht unter Dach und Fach. Die Jungen Grünliberalen ergriffen zusammen mit der Juso, den Jungen Grünen, dem Chaos Computer Club sowie Sektionen der Jungfreisinnigen und der Piratenpartei das Referendum. Die Vorlage kommt am 13. Juni zur Abstimmung. (SDA/dba)

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