Am 15. Mai kommt das neue Filmgesetz vors Volk. Streamingplattformen wie Netflix, Sky oder Disney+ sollen dabei zur Kasse gebeten werden. Vier Prozent ihres hiesigen Umsatzes müssen sie bei einem Ja in das Schweizer Filmschaffen investieren. Und mindestens 30 Prozent des Angebots muss dann aus Europa stammen.
Regelungen, die in der Streamingbranche nicht gern gesehen werden. Auch von Sky-Schweiz-Chef Eric Grignon (49) nicht. Der Franzose empfängt Blick in den Sky-Büros in Neuenburg zum Interview. Im Eingangsbereich steht ein Töggelikasten, die Stimmung ist locker. 40 Angestellte zählt das Unternehmen hierzulande – doppelt so viele sollen es in nächster Zeit werden. Denn Sky soll auch in der Schweiz wachsen. Konkrete Zahlen nennt Grignon zwar nicht, doch schon jetzt sei man in der Grössenordnung von Disney+ – dieses zählt über 700'000 Nutzer.
Blick: Herr Grignon, sind Sie neidisch auf Branchen-Primus Netflix?
Eric Grignon: Nein, Netflix war für mich vielmehr eine Inspiration, die Streamingplattform Hollystar zu kreieren.
Neidisch müssen Sie auf die Gratiswerbung sein, die Ihre Konkurrentin im Abstimmungskampf bekommt. Alle reden von der «Lex Netflix».
(Lacht.) Exakt! Ich sage schon lange, hört auf von der Lex Netflix zu sprechen und nennt es Lex Sky. Aber nur wegen der Werbung, nicht wegen der gesetzlichen Vorgaben. Die erfüllen wir nämlich bereits! Deswegen betrifft uns das Gesetz auch nicht.
Nicht?
Wir investieren bereits mehr als vier Prozent des Schweizer Umsatzes in Schweizer Produktionen, so haben wir etwa «Tschugger» mitproduziert. Und wir haben auch mehr als 30 Prozent europäische Filme und Serien im Angebot. Sky ist die europäischste Streamingplattform. Die meisten unserer eigenen Produktionen kommen aus Grossbritannien, Deutschland und Italien.
Trotzdem wäre Ihnen eine Ablehnung des Gesetzes lieber.
Wir geben keine Empfehlung ab, weil sich für uns nichts ändert. Wir sind aber grundsätzlich der Meinung, dass es solche Regulierungen nicht braucht. Denn jede Vorgabe ist eine gewisse Last und verzerrt den Wettbewerb.
Also doch ein Nein!
Wir bleiben neutral. Unser Beispiel zeigt aber, dass die Regulierung unnötig ist, weil der Markt selber reagiert. Wir orientieren uns auch ohne gesetzliche Vorgaben an den Bedürfnissen unserer Kunden und unterstützen Schweizer Produktionen. Damit stechen wir gegenüber der Konkurrenz heraus. Einzig als Sky-Schweiz-Chef müsste ich eigentlich Ja stimmen, weil es meine Mitbewerber in Schwierigkeiten bringt. (Lacht.)
Dann fliesst seitens Sky auch kein Geld in die Nein-Kampagne?
Nein.
Ein Kernstück ist die 4-Prozent-Quote für das einheimische Filmschaffen. Diese Hürde überspringen Sie, aber um wie viel?
Wir investieren bereits mehr, ja. Wie hoch der Anteil konkret ist, sagen wir nicht. Es kommt ja auch immer darauf an, welche Schweizer Projekte wir gerade in der Pipeline haben.
«Tschugger» war eine Erfolgsserie. Haben Sie schon weitere Produktionen in Arbeit?
Im September kommt die zweite Staffel von «Tschugger». Diesmal sogar drei Monate vor SRF exklusiv bei uns. Und wir diskutieren bereits über eine mögliche dritte Staffel. Wir haben auch drei weitere einheimische Serien im Auge, die wir derzeit evaluieren.
Wieder Krimis oder ein anderes Genre?
Die eine Serie geht Richtung Comedy, die andere Richtung Drama und die dritte ist eine romantische Serie. Alles Schweizer Produktionen mit Schweizer Schauspielern. Zuerst machen wir aber einen Pilot und entscheiden danach, welche wirklich umgesetzt wird. Es kann eine, es können aber auch alle drei sein.
Der Franzose Eric Grignon (49) ist seit April 2017 Geschäftsführer von Sky Switzerland. Bevor er zu Sky kam, war er acht Jahre lang Chef von Homedia. In dieser Funktion verwandelte er das Homedia-Geschäft von einem DVD-Verleih per Post in die grösste unabhängige Streamingplattform der Schweiz namens Hollystar. Zuvor war er etwa auch für die Telekommunikationsanbieter Orange und Nokia tätig. Grignon ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Der Franzose Eric Grignon (49) ist seit April 2017 Geschäftsführer von Sky Switzerland. Bevor er zu Sky kam, war er acht Jahre lang Chef von Homedia. In dieser Funktion verwandelte er das Homedia-Geschäft von einem DVD-Verleih per Post in die grösste unabhängige Streamingplattform der Schweiz namens Hollystar. Zuvor war er etwa auch für die Telekommunikationsanbieter Orange und Nokia tätig. Grignon ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Die Befürworter des Gesetzes sagen, dass es mit einem Ja mehr Geld und damit mehr und bessere Schweizer Filme gebe. Einverstanden?
Schauen Sie sich den Markt an! Alle Streamingunternehmen erhöhen ihr Budget. Sky bringt alleine dieses Jahr 60 eigene europäische Produktionen heraus – mehr als eine pro Woche. Es fliesst sehr viel Geld in den Markt. Für die Film- und Streamingindustrie ist es ein goldenes Zeitalter! Unabhängig vom Gesetz profitiert auch die Schweiz davon. Nehmen wir «Tschugger»: Wir lancieren die Serie nächsten Monat in Deutschland und Österreich. Wir werden sie auch auf Englisch synchronisieren. Dank Streaming kann man «Tschugger» weltweit schauen.
Das Gesetz sieht eine 30-Prozent-Quote für europäische Produktionen vor. Führt das automatisch auch zu mehr Schweizer Filmen?
Wenn alle Länder eine Quote einführen, wird die Schweiz Teil eines europäischen Mixes und davon profitieren. Die Quote birgt aber das Risiko, dass Filme aus anderen Regionen verdrängt werden. Sicher nicht amerikanische Serien, aber vielleicht asiatische oder südamerikanische Produktionen.
Eine andere Frage stellt sich für die Konsumenten: Steigen die Abo-Preise, wenn das Gesetz angenommen wird?
Was Sky betrifft: Nein! Die Annahme des Gesetzes würde für Sky-Kunden keine Preiserhöhung mit sich bringen. Wir erfüllen dessen Vorgaben bereits. Ich kann aber nicht für unsere Mitbewerber sprechen. Es kann sein, dass sie das Angebot verkleinern oder die Preise erhöhen – oder dass nichts passiert.
Haben Sie für unsere Leserinnen und Leser noch eine Empfehlung, welche Serie Sie in nächster Zeit nicht verpassen dürfen?
Das ist einfach! Der grösste aktuelle Hit ist «Halo» – basierend auf dem gleichnamigen Videospiel. Eine grosse Sache für uns ist auch die dritte Staffel unserer Eigenproduktion «Das Boot», die im Mai startet. Und natürlich «House of the Dragon», das Prequel zu «Game of Thrones», das wir im August exklusiv lancieren.