Jetzt ist es praktisch fix: Die Schweiz stimmt als erstes Land über eine Lex Netflix ab. Ein Referendumskomitee aus Jungfreisinnigen, Junger SVP und Junger GLP hat bereits über 50'000 Unterschriften gesammelt, wie Jungfreisinnigen-Chef und Komitee-Präsident Matthias Müller (29) Blick bestätigt. «Aktuell haben wir rund 51'000 Unterschriften», sagt er.
Am 20. Januar werde das Referendum bei der Bundeskanzlei in Bern eingereicht. «Bis dahin müssen wir fleissig weitersammeln», so Müller. Es brauche noch 10'000 Unterschriften als Sicherheitsmarge. «Wir sind auf jede Unterschrift angewiesen, um am Schluss genügend gültige Unterschriften zu haben.» Müller ist zuversichtlich, die gegen 60'000 Unterschriften zu erreichen, «wenn wir in den letzten Tagen nochmals Vollgas geben». Denn mit gut 50'000 Signaturen bleibt es unsicher, ob das Referendum wegen zu vieler ungültiger Unterschriften nicht doch noch auf der Zielgeraden scheitert.
Vier Prozent für Schweizer Filme
Gibt es genügend Unterschriften, kommt das neue Filmgesetz noch dieses Jahr an die Urne. Kernstück der Vorlage: Streaming-Plattformen wie Netflix, Amazon und Disney oder ausländische Sender mit Schweizer Werbefenstern müssen künftig vier Prozent ihrer Schweizer Einnahmen in schweizerische Filmproduktionen investieren, was heute bereits für nationale und sprachregionale TV-Veranstalter gilt. Damit würden jährlich rund 14 Millionen Franken zusätzlich in das hiesige Filmschaffen fliessen.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Künftig müssten 30 Prozent aller Filme auf Netflix und Co. europäische Produktionen sein und speziell gekennzeichnet werden.
Ähnliche Vorgaben bestehen heute schon für nationale und sprachregionale Fernsehveranstalter. Trotzdem kommen für die Referendumsführer eine «neue Filmsteuer» oder eine «Zwangsquote für Filme», wie sie es nennen, nicht in Frage.
Schon jetzt weit über 100 Millionen
Jährlich würden bereits weit über 100 Millionen Franken in das hiesige Filmschaffen investiert, sagt Müller. Und zwar erfolgreich, verweist er etwa auf den neusten Serienhit «Tschugger». «Bereits mit den bestehenden Geldern können grossartige Produktionen realisiert werden», so Müller. «Netflix und Co. – und damit letztlich die Konsumenten – brauchen also nicht zusätzlich zur Kasse gebeten werden für Schweizer Filme.»
Er ist überzeugt, dass sich die neue Vorgabe namentlich auf die Abopreise auswirken würde: «Die Streaming-Dienste werden ihre Kostenrechnung machen und die Abopreise entsprechend erhöhen.» Selbst wenn es sich dabei nur um ein paar Franken oder Rappen monatlich handle, sei dies unfair. «Erst recht gegenüber den Jungen.»
Quote «völlig willkürlich»
Ein Ärgernis ist für Müller vor allem die Europa-Quote. «Müssen mehr europäische Filme in den Angebotskatalog aufgenommen werden, fallen beliebte Filme und Serien aus den USA, Asien oder Afrika aus dem Programm – damit leidet die Vielfalt des Filmangebots», ist er überzeugt.
In der Quote sieht er eine Bevormundung der Konsumenten. «Es ist unfair, wenn die Konsumenten gezwungen werden, etwas zu schauen, was sie nicht wollen.» Kommt hinzu, dass das Schweizer Filmschaffen von einer Europa-Quote nicht zwingend profitiere.
«Die Quote ist ungerecht und völlig willkürlich», findet Müller. Bei den Streaming-Anbietern handle es sich um private Unternehmen, da bestimme die Nachfrage der Konsumenten das Angebot und nicht umgekehrt.
«Wenn jemand lieber US-Filme oder Anime-Abenteuerfilme statt schweizerische Produktionen schaut, darf er dafür nicht bestraft werden», findet Müller. Wer einheimisches Schaffen bevorzuge, hat mit Play Suisse bereits eine entsprechende Plattform zur Verfügung – «und zwar gratis».
Für den Jungfreisinnigen ist deshalb klar, dass es ein Nein zum neuen Filmgesetz braucht: «Wir wollen verhindern, dass unsere Konsumfreiheit einer sinnlosen Quote zum Opfer fällt.»