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Das bedeutet Trumps Zollhammer für die Schweiz

Trumps Zollankündigung trifft die Schweiz hart. Während der Bundesrat Aufklärungsbedarf sieht, fordern Politiker Massnahmen – von Steuersenkungen bis hin zu einer Neuausrichtung der Aussenpolitik. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 03.04.2025 um 21:06 Uhr
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Aktualisiert: 04.04.2025 um 09:55 Uhr
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US-Präsident Trump hat ein politisches Beben ausgelöst. Er verhängt weltweite Zölle – auch die Schweiz wird mit 31 Prozent Aufschlag belegt.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Trump erhöht US-Importzölle für Schweizer Produkte
  • Schweizer Behörden überrascht von Trumps Entscheidung
  • Massnahme könnte auch Folge für andere politische Dossiers haben
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Donald Trump (78) löst ein Politbeben aus. Einmal mehr. Der US-Präsident hat den Zoll-Hammer ausgepackt: An seinem «Tag der Befreiung» verkündete er ein ganzes Paket mit neuen Importabgaben für zahlreiche Länder. Auch für Schweizer Produkte gelten bald hohe US-Importzölle – erst war von 31 Prozent die Rede, dann sogar von 32 Prozent. Was aber bedeutet das? Blick beantwortet nach turbulenten Stunden die wichtigsten Fragen.

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Was bedeutet der Entscheid für die Schweizer Wirtschaft?

Der Bundesrat will die angekündigten Massnahmen und ihre Auswirkungen vertieft analysieren – noch ist ja sogar unklar, wie hoch die Strafzölle tatsächlich sind. Klar aber ist: Trumps Zollpolitik schadet den Schweizer Unternehmen, das zeigen bereits erste Reaktionen der Börse. Noch aber ist es auch für das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schwierig einzuordnen, ob in den nächsten Monaten Abfederungsmassnahmen nötig werden. Denn unklar ist, ob Gegenmassnahmen anderer Länder auch die Schweiz treffen könnten.

«Enttäuscht» zeigte sich am Donnerstag Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61, FDP). Trumps Entscheid sei keine Überraschung, wohl aber deren Höhe und deren Berechnung: «Dass man so eine rudimentäre Rechnung macht gegenüber einem so wichtigen Handelspartner, finde ich schade.»

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Was kann die Schweiz jetzt machen?

Nicht viel, räumte Seco-Direktorin Helene Budliger Artieda (60) ein. Schon heute gebe es in den meisten Bereichen gar keine Zölle mehr auf US-Importe. Nur im Agrarbereich gebe es noch einen minimen Handlungsspielraum. Man müsse den USA stattdessen aufzeigen, wie stark die Schweiz in den USA investiere und damit Arbeitsplätze schaffe. Es gebe «Aufklärungsbedarf», wie wichtig die Schweiz als Handelspartnerin ist, sagte auch Keller-Sutter. «Wir müssen uns nicht verzwergen.»

Die Bürgerlichen pochen gleichzeitig auf innenpolitische Massnahmen, um für die Schweizer Wirtschaft die Kosten zu senken und so ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. «Das heisst, dass Steuern und Abgaben für Unternehmen zu senken sind», sagt FDP-Präsident Thierry Burkart (49). Gleichzeitig wünscht er sich, dass die Nationalbank mit Abwertungen des Schweizer Frankens zurückhaltend ist. Auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (46) fordert, dass der Bundesrat nun «Überregulierungen im Inland abbaut».

Ganz anders die Rezepte der Linken: «Was Trump gerade macht ist, ist ein Loyalitätstest. Er schaut, wer sich seinem Diktat unterwirft», sagt SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (39). «Der Bundesrat muss nun deutlich sagen, dass er diese Zölle nicht akzeptiert.» Er weist auf mögliche Gegenmassnahmen hin, die aber mit der EU abzustimmen wären.

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Hat sich die Schweizer Diplomatie verschätzt?

Noch vor kurzem hatte sich Helena Budliger Artieda nach einem USA-Besuch optimistisch gezeigt, dass die Schweiz verhältnismässig glimpflich davon kommt. Offenbar aber sind die Argumente aus Bern in Washington auf taube Ohren gestossen. Etwa, dass die USA im Handel mit Dienstleistungen mit der Schweiz einen fast ebenso grossen Überschuss erzielen. Oder dass die Schweiz ihre Industriezölle per 2024 einseitig abgeschafft hatte.

Für Mitte-Links hat sich der Bundesrat klar verschätzt. Die «Anbiederungs-Politik» sei «krachend gescheitert». Dass sich die Schweiz etwa von der EU distanziert habe, habe gar nichts gebracht, meinte GLP-Fraktionspräsidentin Corina Gredig (37) spöttisch auf X. SP-Co-Chef Cedric Wermuth hofft nun auf einen «realistischeren Blick» auf die USA. Und die Grünen fordern eine Kehrtwende in der Aussen- und Wirtschaftspolitik – mehr zu Europa hin.

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Ist damit ein Freihandelsabkommen mit den USA vom Tisch?

Hier gehen die Einschätzungen auseinander. Für FDP-Präsident Burkart gilt es nun, ein Abkommen weiter voranzutreiben – wobei auch die neuen Strafzölle zu berücksichtigen seien. «Ein schneller Erfolg ist derzeit allerdings nicht absehbar», sagt er.

Skeptischer zeigt sich SP-Chef Wermuth: «Das hat sich erledigt mit dieser Regierung», glaubt er. Ähnlich sieht das Stefan Legge, Dozent für Wirtschaftswissenschaften: «Die Chancen für ein Freihandelsabkommen sind derzeit nahezu null.» Trump sehe Importe als Verlust für die USA und fokussiere stark auf Zölle. «Ich weiss nicht, wie man auf der Grundlage ein Abkommen hinbekommen soll.»

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Sind Freihandelsabkommen mit anderen Ländern nun zu forcieren?

Der Rest der Welt will weiterhin miteinander handeln, auch wenn die USA sich zurückziehen. «Die Schweiz ist gut beraten, Handelsbeziehungen zu allen Ländern zu pflegen», betont Stefan Legge, Professor für Steuer- und Handelspolitik an Uni St. Gallen. Dazu gehöre, die Exporte zu diversifizieren, indem man Abkommen mit anderen Ländern abschliesst – etwa mit Indien oder möglicherweise Vietnam. Diese Stossrichtung wird von vielen Wirtschaftspolitiker geteilt.

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Was heisst der Dämpfer für Trump-Freunde in SVP und Co.?

Bisher hielten die SVP Trump mehrheitlich die Stange. Noch vor kurzem zeigten sich verschiedene Vertreter gelassen angesichts der drohenden Trump-Zölle: «Das wird uns nicht gross betreffen.»

Die SVP zeigte sich am Donnerstag dann auch zurückhaltend, oder sprach von einem vermuteten Rechenfehler der US-Administration. «Hoffentlich erwachen jetzt auch die letzten Träumer», sagt dagegen Wermuth. Die neusten Entwicklungen zeigten, dass die Strategie der Schweiz als «Regulierungswüste» nicht funktioniert habe, so der SP-Co-Präsident.

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Kommt dafür jetzt der EU-Deal schneller durch?

Auch hier gehen die Meinungen auseinander. Die Schweiz habe weltweit drei ganz entscheidende Handelspartner, sagt Professor Legge: die EU, China und die USA. «Wenn die Beziehungen zu einer Partei schwieriger werden, sind die anderen umso wichtiger», so Legge. Deswegen müsse man nun nicht den Vertrag mit der EU forcieren. «Aber man sollte vermeiden, dass der Trump'sche Protektionismus nach Europa kommt.»

Auch FDP-Präsident Burkart würde nun nichts überstürzen. In einem ersten Schritt gelte es nun, gegen die Kündigung-Initiative der SVP vorzugehen: «Gerade jetzt sollten wir nicht auch noch unser stabiles Verhältnis zur EU zerstören.»

Mehr aufs Tempo drücken möchte GLP-Präsident Jürg Grossen (55): Trumps Ankündigungen zeigten, wie wertvoll verlässliche Partnerschaften seien. Die Bilateralen III seien daher rasch abzuschliessen. «Der freie Zugang zum EU-Binnenmarkt ist wichtiger denn je.»

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