Konvoi in den Strassen von Rio de Janeiro
0:12
Fedpol-Video zeigt:Konvoi in den Strassen von Rio de Janeiro

Sie sind diskret im Einsatz
Bodyguards der Bundesräte geben seltene Einblicke in ihren heiklen Job

Bundesräte sind oft ohne sichtbaren Personenschutz unterwegs – und sorgen damit für Aufsehen. Doch ganz ohne Bodyguards geht es nicht, vor allem im Ausland. Jetzt gibt es einen raren Blick hinter die Kulissen der Schutzmissionen.
Publiziert: 19.04.2025 um 18:20 Uhr
1/11
Seltenes Bild: Bundesrat Albert Rösti bei einem Besuch in Freiburg – hinter ihm ein Personenschützer.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Bundesräte werden im Ausland von Personenschützern begleitet, Sicherheitsvorkehrungen sind umfangreich
  • Polizeiattachés vor Ort sind wichtig für die Sicherheit der Bundesräte
  • Wochenlange Vorbereitungen gehen einer Auslandsreise eines Bundesrates voraus
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
SvenAltermatt02 (1).jpg
Sven AltermattCo-Ressortleiter Politik

Sie spazieren alleine durch Bern. Sie mischen sich beim Apéro unters Volk. Sie sind ohne sichtbare Personenschützer unterwegs. Dass sich Schweizer Bundesräte in der Öffentlichkeit so frei bewegen, sorgt im Ausland immer wieder für Erstaunen. Legendär ist das Bild aus dem Jahr 2014, als der damalige Bundespräsident Didier Burkhalter (65, FDP) alleine am Bahnhof auf den Zug wartete. Es ging als Symbol für die Volksnähe der Schweizer Politik viral.

Doch manchmal trügt der Schein: Ganz ohne Schutz geht es auch hierzulande nicht – und schon gar nicht auf Reisen. An offiziellen Anlässen, an denen ein Bundesrat angekündigt ist, seien automatisch auch Mitarbeitende des zuständigen Bundesamtes für Polizei (Fedpol) dabei, verriet Bundesrat Beat Jans (60, SP) letztes Jahr.

Doch wie wird der Schutz eines Bundesrates organisiert? Das Fedpol wollte sich letzten Sommer gegenüber Blick nicht in die Karten schauen lassen. Man äussere sich nicht zu den Massnahmen, «um diese in ihrer Wirkung nicht zu beeinflussen». Ohnehin seien nicht alle Sicherheitsmassnahmen sichtbar.

Doch jetzt gewährt das Fedpol einen seltenen Einblick in die Arbeit der bundesrätlichen Bodyguards. In seinem aktuellen Jahresbericht beschreibt es zwei konkrete «Schutzmissionen». 

Die Schilderungen räumen mit Mythen auf: Sobald ein Bundesrat ins Ausland reist, beginnt eine hochpräzise Operation. Die Sicherheitsvorkehrungen laufen Wochen vorher an. Ohne Polizeiattachés vor Ort, eine detaillierte Planung und eine flexible Einsatzleitung geht nichts. Personenschützer aus der Schweiz reisen mit.

Ist ein Spaziergang zu gefährlich?

Beispiel Nummer eins: Justizminister Jans war im vergangenen Jahr zu einem Arbeitsbesuch in Tunesien. Wochenlange Vorbereitungen waren der Reise vorausgegangen. Die Sicherheitsvorkehrungen: minutiös. Jeder Ort wurde rekognosziert, jede Etappe einzeln abgesichert. Eine heikle Frage zum Beispiel: Ist ein Spaziergang durch die Medina zu gefährlich? Und: Kann der Bundesrat problemlos einen Ort am Meer besuchen?

Hilfreich gewesen sei der Polizeiattaché vor Ort, heisst es im Fedpol-Bericht. «Er kennt das Land und weiss, wie es funktioniert und vor allem ist er gut vernetzt.» Von den Kommunikationsmitteln bis zur logistischen Koordination werde nichts dem Zufall überlassen.

Die geopolitische Lage, die Kriminalität, die Terrorgefahr: All das fliesst in die Einschätzung ein. «Was könnte eine Person veranlassen, einen Schweizer Minister anzugreifen?», heisst es im Bericht. Die Devise: planen, prüfen, absichern.

In Tunesien wich kaum jemand dem Bundesrat von der Seite: Jans wurde von einem sogenannten Nahschutzteam begleitet. Auch der Polizeiattaché war an seiner Seite. Der Verkehr in Tunis? Unberechenbar und dicht. Doch die Fedpol-Beamten fügten sich geschickt ins Gewusel ein. «Sie beherrschen die hohe Kunst des Ausweichens», heisst es im Bericht.

Die Schutzmission sei ein Erfolg gewesen. Ein Kommissär der Abteilung «Sicherheit Personen und Objekte» wird anonym zitiert: «Als Personenschützer zählt nicht nur Wachsamkeit, sondern auch Respekt und Vertrauen. In Tunesien war genau das der Schlüssel.»

In den Favelas von Rio de Janeiro

Beispiel zwei: Heikel war es auch in Rio de Janeiro. Im Herbst 2024 nahm Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (61, SP) in der brasilianischen Metropole am Treffen der G20-Gesundheitsminister teil. Das Vorgehen war grundsätzlich ähnlich. Vor dem Einsatz mussten Bewilligungen der brasilianischen Bundespolizei eingeholt werden. Denkbar ist, dass die Schweizer Personenschützer auch bewaffnet waren – dafür bräuchte es eine Waffentragbewilligung.

Ein Unsicherheitsfaktor: Die Route vom Flughafen führte durch Favelas – No-go-Zonen, in die sich selbst die brasilianische Polizei kaum wagt. «Schusswechsel zwischen rivalisierenden Gangs sind an der Tagesordnung», heisst es im Bericht. Die brasilianischen Behörden hätten dafür «die geeigneten Massnahmen gemäss den Empfehlungen des Schweizer Personenschutzteams» getroffen.

Am Rande des Gipfels kam es zu einer spontanen Demonstration. Sie verlief friedlich, doch die Personenschützer blieben wachsam. Auch hier wird ein Beamter zitiert: «In meinem Beruf macht oft das kleinste Detail den Unterschied. In einer Stadt wie Rio de Janeiro ist genau das der entscheidende Punkt zwischen Sicherheit und Risiko.»

Bundesratsmitglieder gelten mit ihrer Wahl als Personen von nationalem Sicherheitsinteresse. Ihr Schutz mag diskret wirken – dahinter steckt einiges an Arbeit.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?