Showdown ums SP-Bundesratsticket
Gefährliche Jurassierin

Die drei SP-Kandidatinnen liefern sich ein enges Rennen um die zwei Plätze auf dem Bundesrats-Ticket. Eine Prognose wagt in der Partei kaum jemand. Viele trauen der Jurassierin Elisabeth Baume-Schneider eine Überraschung zu.
Publiziert: 22.11.2022 um 18:35 Uhr
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Die drei SP-Kandidatinnen Eva Herzog, Elisabeth Baume-Schneider und Evi Allemann (v.l.) liefern sich ein enges Rennen. Am Samstag fliegt eine raus.
Foto: keystone-sda.ch

Drei, zwei, eins! Drei SP-Kandidatinnen stehen für die Nachfolge von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) parat. Zwei von ihnen werden am Samstag von der SP-Fraktion offiziell nominiert und dem Parlament zur Wahl empfohlen. Aber nur eine von ihnen wird am 7. Dezember zur neuen Bundesrätin gekürt.

Wer es bei den Genossinnen und Genossen aufs Ticket schafft, lässt sich noch kaum abschätzen. Die Ständerätinnen Eva Herzog (60, BS) und Elisabeth Baume-Schneider (58, JU) sowie die Berner Regierungsrätin Evi Allemann (44) gelten alle als kompetent für das höchste politische Amt im Land. «Es ist total offen», sagt SP-Fraktionschef Roger Nordmann (49) zu Blick. «Der Wahlkampf hat einen guten Schwung erhalten. Es bleibt spannend bis zuletzt.»

Auch inhaltlich lassen sich zwischen den drei Frauen höchstens Nuancen ausmachen. Herzog und Allemann gehören zum Reformflügel, Baume-Schneider politisiert klar links. Aber keine schlägt derart über die Stränge, dass es den Genossen wehtun würde.

Eine jurassische Überraschung?

Da kommen plötzlich ganz andere, «weiche» Faktoren ins Spiel. Hört man sich in der Fraktion um, könnte die als Aussenseiterin gestartete Baume-Schneider durchaus einen Überraschungscoup landen. «Sie ist in der Fraktion sehr beliebt», sagt ein Genosse. «Alle schätzen sie, sie ist fantastisch verankert», meint eine Genossin. Zudem dürften die Romands der Jurassierin loyal aufs Ticket setzen.

Für einen Coup sprechen auch strategische Überlegungen der Teams um Herzog und Allemann. Schafft es Baume-Schneider aufs Ticket, hat sie als Linkste im bürgerlich dominierten Parlament die schlechteren Karten – was umgekehrt die Chancen für jene erhöht, die mit ihr auf dem Ticket ist. So dürften die Herzog-Fans ihre Zweitstimme ebenso Baume-Schneider geben wie die Allemann-Anhänger.

Lateiner-Mehrheit?

Bedenken gegenüber der Jurassierin hegen jene, die vier lateinisch besetzte Bundesratssitze für des Guten zu viel halten. Aus staatspolitischen Überlegungen, sagen sie, soll es ein Deutschschweizer Sitz bleiben. Und wollen daher ein rein Deutschschweizer Ticket.

Auch, weil sonst allenfalls der Raum für «Spielchen» mit wilden Kandidaten geöffnet würden, sollte das Parlament das Gefühl haben, über keine echte Auswahl zu verfügen. Jedenfalls machte die FDP-Spitze Andeutungen in diese Richtung. Umgekehrt dürften manche gerade wegen dieser Drohung aus Trotz den Namen Baume-Schneider aufs Ticket schreiben.

Schafft sie es tatsächlich, dürften die Vorteile für den freien Platz bei Herzog liegen. Als aktive Parlamentarierin ist sie in der Fraktion besser vernetzt als Allemann, die vor vier Jahren aus dem Nationalrat ausgeschieden und damit «weit weg» ist. Gut 40 Prozent der Fraktion kennen sie kaum. Dem Vernehmen nach ist genau das auch der Punkt, der Allemann am meisten Sorgen bereitet.

Wahlprozedere mit Unwägbarkeiten

Aber eben, eine Prognose wagt kaum jemand. «Es ist eine chaotische Ausgangslage», meint einer. Das hat auch mit dem Wahlprozedere zu tun. Während die SVP letzte Woche die beiden Ticketplätze jeweils einzeln bestimmte, können die SP-Leute gleich zwei Namen auf den Wahlzettel schreiben – oder auch nur einen. Je nachdem, wem man den Vorzug geben will. Wer das absolute Mehr schafft, ist auf dem Ticket. Mehrere Wahlgänge sind damit absehbar.

Ein leichter Vorteil ist derzeit für die beiden Ständerätinnen zu spüren. Doch das kann sich von Tag zu Tag ändern. «In dieser Situation ist es gut möglich, dass die Hearings am Samstag den Ausschlag geben werden.» Gerade für Allemann dürfte das Hearing «matchentscheidend» werden. Es bleibt also spannend.

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