Reiche wurden reicher und Arme noch ärmer: Die Corona-Pandemie hat Ungleichheiten verschärft, stellte vergangenes Jahr eine ETH-Studie fest. Während Tieflöhner im ersten Pandemiejahr im Schnitt Einkommenseinbussen von 20 Prozent verkraften mussten, konnten Gutverdiener mehr als sonst aufs Sparkonto überweisen.
Linke wollen das nicht einfach hinnehmen. In Schaffhausen stimmt die Bevölkerung am kommenden Sonntag über eine SP-Initiative ab, die eine Corona-Sondersteuer für Reiche fordert. Wer über 2 Millionen Franken Vermögen hat, soll dem Kanton in den nächsten fünf Jahren mehr abliefern. Konkret sieht die Initiative vor, dass auf den Vermögensteil, der die zwei Millionen Franken übersteigt, ein Zuschlag von 0,03 Prozent auf den normalen Steuersatz erhoben wird.
Ein Klacks für die Betroffenen
Für die Betroffenen – laut SP etwa 1100 Personen im Kanton – wäre das ein Klacks. Jemand, der 2,5 Millionen Franken auf der hohen Kante hat, müsste pro Jahr nicht einmal 300 Franken mehr zahlen. Bei einem Vermögen von 20 Millionen Franken würden rund 10'000 Franken mehr fällig.
Doch die Mehreinnahmen läppern sich. Die Schaffhauser Regierung rechnet vor, dass die Reichen-Steuer Kanton und Gemeinden zusammen pro Jahr knapp 2,4 Millionen Franken mehr in die Kassen spülen würde, wenn sich sonst nichts ändert. Der kleine Kanton würde damit pro Jahr fast zehn Prozent mehr Vermögenssteuern einnehmen. Mit dem Geld könnte man etwa einen Fünftel der Kosten, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind, decken, sagt die Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz (66).
«Wir haben jetzt schon volle Staatskassen»
Die Gegner allerdings geben zu bedenken. Der Kanton habe das Geld gar nicht nötig. «Wir haben jetzt schon volle Staatskassen», sagt die Schaffhauser SVP-Präsidentin Andrea Müller. «Da kann es doch nicht sein, dass die, die eh schon überproportional viel Steuern zahlen, nun noch mehr zur Kasse gebeten werden.» Ausserdem würde mit der Initiative eine erst kürzlich beschlossene Steuersenkung rückgängig gemacht, von der auch der Mittelstand profitiert habe. Auch die Regierung findet, dass die Mehreinnahmen gar nicht gebraucht werden.
Munz sieht das anders. Die Einnahmen beim Kanton sprudelten, das stimme. «Doch bei den Gemeinden sieht es nicht überall so gut aus.» Ausserdem gibt es aus ihrer Sicht genügend Bereiche, in denen man zusätzliche Einnahmen dringend gebrauchen könnte. Zum Beispiel fehle es wegen zu tiefer Löhne an Lehrpersonen, Pflegerinnen und Pflegern sowie Polizistinnen und Polizisten im Kanton. «Wir brauchen das Geld!», findet Munz.
Sich selbst den Lohn kürzen?
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Nicht nur in Schaffhausen gibt eine Corona-Steuer für Reiche zu reden. In Zürich liegt eine ähnliche Forderung auf dem Tisch. Linke Parteien und Gewerkschaften haben vergangenen Herbst eine Initiative eingereicht, die eine Erhöhung der Vermögenssteuer ebenfalls um 0,03 Prozent vorschlägt – ab gut 3 Millionen Vermögen und befristet auf drei Jahre. Ähnliche Vorstösse wurden in den kantonalen Parlamenten von Bern, Uri, Jura und der Waadt diskutiert. Sie wurden überall abgelehnt.
Auch auf nationaler Ebene ist ein sogenannter Solidaritätsbeitrag gerade Thema. Den sollen aber nicht Reiche, sondern sämtliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier zahlen müssen. Das fordert SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler (45). Statt 26'000 Franken sollen sie und ihre Kolleginnen und Kollegen im Bundeshaus nur noch 20'800 Franken Fixlohn pro Jahr erhalten – Sitzungsgelder und Spesen exklusive.
Auch diese Forderung dürfte allerdings chancenlos sein. In der vorberatenden Kommission wurde der Vorschlag mit 18 zu 5 Stimmen abgelehnt. Sich selbst den Lohn zu kürzen: Das geht selbst den Linken zu weit.