Bund hat viel zu viel bezahlt
Viele Verdachtsfälle bei Corona-Hilfen entdeckt

Der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) sind bei der Analyse von Corona-Härtefallmassnahmen für Unternehmen zahlreiche verdächtige Gesuche aufgefallen. Der Bund relativiert: Viele fehlerhafte Meldungen bärgen keine finanziellen Risiken und seien erklärbar.
Publiziert: 11.04.2022 um 23:08 Uhr
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Die Eidgenössische Finanzkontrolle unter Direktor Michel Huissoud hat Corona-Härtefallmassnahmen für Unternehmen analysiert. Dabei sind ihr zahlreiche verdächtige Gesuche aufgefallen.
Foto: Raffael Waldner / 13 Photo

Die Auswertungen der EFK basieren auf den Daten in der Datenbank des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Demnach hatten per 30. November 2021 knapp 35'000 Unternehmen insgesamt rund 52'000 Gesuche über fünf Milliarden Franken gestellt. 96 Prozent der Härtefallhilfen wurden als À-fonds-perdu-Beiträge gewährt.

Die Analyse der Finanzkontrolle ergab «eine hohe Zahl an Fällen, bei denen abgeklärt werden muss, ob es sich um mögliche Verstösse oder fehlerhafte Daten handelt», wie es im am Montag veröffentlichten Prüfbericht heisst. Die Datenanalyse liefere aber keine erhärteten Missbrauchsverdachtsfälle, sondern «Auffälligkeiten».

«Teilweise markante Abweichungen»

Die möglichen Verfehlungen sind vielseitig: So haben gemäss der Analyse offenbar zahlreiche Unternehmen Bundesgelder beansprucht und gleichzeitig Dividenden ausgeschüttet, obwohl dies verboten wäre. In anderen Fällen wurde laut der Finanzkontrolle die festgelegte Höchstgrenze zum Bezug von Härtefallgeldern überschritten.

Bei anderen Firmen zweifelt die EFK an den in der Selbstdeklaration angegebenen Daten betreffend Umsatzrückgang. Es bestünden «teilweise markante Abweichungen zwischen den Umsatzangaben für die Mehrwertsteuerdeklaration und für das Finanzhilfegesuch», schreibt die Kontrollbehörde.

Die Finanzkontrolleure empfehlen dem Seco, die Datenqualität in der Datenbank zu verbessern, da diese Daten Grundlage für die Auszahlung an die Kantone bildeten. Aktuell sei die Datenqualität «nicht ausreichend».

Zusätzliche Kontrollen sollen Risiko vermindern

Der Bund hat gemäss eigenen Angaben im Auszahlungsprozess an die Kantone automatisierte Kontrollen installiert, welche das finanzielle Risiko reduzieren sollen. So würden beispielsweise Zahlungen der Bundesanteile an die zulässigen Höchstgrenzen geknüpft. Rechnungen der Kantone würden für diejenigen Einzelfälle sistiert, in denen der Referenzumsatz 50'000 Franken nicht erreicht.

Insgesamt weist das Seco in seiner Stellungnahme darauf hin, dass aus den im EFK-Bericht ausgewiesenen Befunden nicht direkt Missbrauchsverdachte abgeleitet werden könnten. «In zahlreichen Fällen gibt es gute Gründe für Abweichungen. Bei anderen bergen die Befunde keine Risiken für den Bund.» Zudem betreffe ein guter Teil der Befunde Fälle, die bereits in der ersten EFK-Datenanalyse enthalten gewesen seien, schreibt das Seco.

Viele Hilfen wären gar nicht nötig gewesen

Der Bericht der Finanzkontrolle weist auch auf Punkte hin, die nicht mit möglichen Verstössen gegen die Covid-19-Härtefallverordnung in Verbindung stehen. So hätten etwa fast 2500 Unternehmen in der Zeit, in der sie nicht behördlich geschlossen waren, die Umsatzausfälle mehr als kompensieren können.

Deshalb seien die À-fonds-perdu-Finanzhilfen in vielen Fällen rückblickend wohl nicht notwendig gewesen, schreibt die EFK. Die an diese Unternehmen gesprochenen Finanzhilfen betrugen 215 Millionen Franken - vier Prozent der insgesamt bewilligten Finanzhilfen.

Die EFK nahm auch die Corona-Kurzarbeitsentschädigungen unter die Lupe. Insgesamt analysierte die Kontrollbehörde von März 2020 bis Ende 2021 über 1,4 Millionen Zahlungen an gut 160'000 Unternehmen im Umfang von rund 14 Milliarden Franken.

Bisher sieben Strafanzeigen

Aktuell überprüft das Seco noch mehrere hundert verdächtige Zahlungsvorgänge. Bisher wurde in sieben solchen Fällen Strafanzeige erstattet und Geld zurückgefordert. In 47 weiteren Fällen erfolgte eine Rückforderung ohne Strafanzeige. Total ging es um Beanstandungen in Höhe von rund zehn Millionen Franken.

Schliesslich analysierten die Finanzkontrolleure die Auszahlung von Corona-Solidarbürgschaften. Per Ende 2021 belaufen sich die Verluste aus honorierten Bürgschaften demnach auf 324 Millionen Franken. Bei 722 Unternehmen mit zugesagten Kreditvolumen von 193 Millionen Franken wurden unerlaubte Dividendenausschüttungen von 241 Millionen Franken gemeldet. Von den insgesamt mehr als 5800 abgeklärten Verdachtsfällen führten 84 Prozent zu Korrekturen oder Strafanzeigen.

Die EFK überprüft seit Beginn der Corona-Krise die Umsetzung verschiedener Wirtschaftshilfen. Bereits im Frühling 2020 erkannte sie «Hinweise auf Missbrauch» von wegen der Corona-Pandemie ausbezahlten Hilfsgeldern. Solche Auffälligkeiten seien aber «kein Massenphänomen». Das Seco hielt seit Beginn der Corona-Pandemie mehrmals fest, dass es selber die Prüfintensität deutlich erhöht habe. (SDA)

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