Santésuisse legt vor
Kompromiss soll ewigen Tarifstreit beenden

Weniger Pauschalen in Arztpraxen: Mit diesem Vorschlag will Santésuisse den Tarifstreit beenden. Die Verhandlungspartner zeigen sich verhalten optimistisch.
Publiziert: 25.06.2023 um 17:30 Uhr
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Aktualisiert: 26.06.2023 um 13:31 Uhr
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Santésuisse-Direktorin Verena Nold: «Eine Kompromisslösung, die allen Tarifpartnern gerecht wird.»
Foto: Philippe Rossier
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Peter AeschlimannRedaktor

Im Prinzip ist es einfach: Ein grauer Star ist ein grauer Star. Doch für die Behandlung der Linsentrübung gibt es unterschiedliche Tarife. Mal kostet der Eingriff am Auge 1500 Franken, mal das Doppelte – eine unbefriedigende Situation für alle Beteiligten. Seit Jahren brüten Ärzte, Spitäler und Versicherer über einer neuen Tarifstruktur – Tardoc soll den heillos veralteten Tarmed ablösen. Im Streit um die beste Lösung haben sich zwei Lager gebildet: Santésuisse und der Spitalverband H+kämpfen für mehr Pauschalen im ambulanten Bereich, Curafutura und die Ärztegesellschaft FMH verlangen stattdessen mehr Einzelleistungstarife.

Die Zeit wird allmählich knapp. Ende Jahr müssen die Beteiligten dem Bundesamt für Gesundheit eine Lösung präsentieren, die eine kostenneutrale Einführung des Tarifs sicherstellt.

Pauschale für fünf Prozent der Patientenkontakte

Tatsächlich kommt gerade Bewegung in die Sache, ein Ende des ewigen Streits zeichnet sich ab. SonntagsBlick weiss: Morgen wird Santésuisse gemeinsam mit dem Spitalverband H+ ein Tarifwerk bei der dafür zuständigen Organisation ambulanter Arzttarif (OAAT AG) einreichen. «Es handelt sich um eine Kompromisslösung, die allen Tarifpartnern gerecht wird», sagt Santésuisse-Direktorin Verena Nold. Von einem «Meilenstein für das schweizerische Gesundheitswesen» spricht H+-Direktorin Anne Bütikofer. Am meisten kommt Santésuisse den frei praktizierenden Ärzten entgegen. Gemäss dem aktuellen Vorschlag sollen nur noch fünf Prozent der Patientenkontakte in den Praxen mit einer Pauschale vergütet werden. In einer früheren Version waren es noch doppelt so viele. Die neuen Pauschalen im ambulanten Bereich würden vor allem hoch standardisierte Leistungen in den Spitälern betreffen, sagt Nold – zum Beispiel eben den grauen Star.

In die Entwicklung des Tarif-Vorschlags floss eine enorme Datenmenge: 30 Spitäler steuerten rund eine Million Fälle bei. Santésuisse betont, die neuen Pauschalen basierten auf verbindlichen Regeln sowie überprüfbaren Kriterien – und reduzierten den administrativen Aufwand für alle Beteiligten. Denn darum geht es bei der anstehenden Tarif-Reform: ums Geld. Die ambulanten Pauschalen sollen kostendämpfend wirken.

Ein wichtiger Schritt, aber noch nicht die definitive Lösung

Da man den Rückmeldungen aller Akteure Rechnung getragen habe, seien die Pauschalen nun ausgereift, sagt Santésuisse-Präsident und Mitte-Nationalrat Martin Landolt (54): «Wir hätten durchaus gerne eine höhere Pauschalisierung angestrebt. So haben wir aber einen fairen Kompromiss, mit dem wir einen Schritt auf die Ärzteschaft zugehen.»

Weder Curafutura noch die Ärztegesellschaft FMH wollten sich vorab zum Vorschlag von Santésuisse und H+ äussern. Es sei wichtig, dass es in der Sache vorwärtsgehe. Das überarbeitete Tarifsystem sei ein wichtiger Schritt, aber wohl noch nicht die definitive Lösung.

Zuversicht herrscht, dass bis Ende Jahr eine Version beim BAG eingereicht werden kann, die alle zufriedenstellt. Es wäre ein Abschiedsgeschenk für den abtretenden Gesundheitsminister Alain Berset (SP). Die Bundesratssitzung, in der das Geschäft behandelt werden wird, findet allerdings erst im nächsten Jahr statt. Mit dem Neuen. Oder der Neuen.

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