Die Schweizer Behörden selber sind sehr zufrieden mit sich. Vermögenswerte von rund 7,5 Milliarden Franken sind dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (62) bisher gemeldet und auf Basis der Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs gesperrt worden – wenn auch erst nach Zögern und folgenden Anlaufschwierigkeiten.
Seco-Botschafter Erwin Bollinger sprach vergangene Woche vor den Medien selbstzufrieden von Sanktionen «in noch nie da gewesener Dimension». Die Schweiz habe so viele Gelder gesperrt wie kaum ein anderes Land. Was Bollinger nicht erwähnte: Die Schweiz hat schliesslich auch den weltweit grössten Finanzplatz für internationale Vermögensverwaltung. Klar, dass da mehr russische Gelder zusammenkommen als andernorts.
Ukraine-Botschafter fordert mehr Engagement
Weniger zufrieden zeigt sich die ukrainische Seite. Ihr Botschafter in der Schweiz, Artem Rybchenko, fordert ein stärkeres Engagement der Schweiz bei der Sanktionierung von russischem Vermögen. Es sei Aufgabe der Schweiz, solche Vermögen aufzuspüren und zu blockieren, stellt er in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» klar.
Zwar gebe es gute Gespräche mit den Schweizer Behörden. Dennoch denkt Rybchenko, dass sich noch mehr machen lasse, um politisch exponierte Personen aus Russland in der Schweiz zu sanktionieren. So fordert er, dass die Ermittler Tarnfirmen und daran geknüpfte Vermögen ausfindig machen. Es sei der Job der Schweiz, diese Vermögen zu blockieren. Im Visier hat der Botschafter dabei die Branchen Finanzen, Energie und Banken.
Die Zeit dränge, betont Rybchenko. Je grösser der Druck auf Russland sei, desto schneller kehre wieder Frieden ein. Oder umgekehrt: «Je länger dieser Krieg dauert, umso mehr Menschen werden getötet – und das ist schrecklich.» Er lade alle ein, in Kiew, Mariupol oder Butscha einen Augenschein zu nehmen, sagt Rybchenko. «Ich denke, danach gibt es keine Fragen mehr, warum es mehr und schnellere Sanktionen braucht.»
Die Sperrung russischer Vermögen war letzten Mittwoch auch Thema eines Treffens zwischen der Ukraine und den Schweizer Behörden. Die Ukrainer verfügen offenbar über Listen von russischen Firmen und Geschäftsleuten, die zu Wladimir Putins (69) politischem Machtapparat gehören. Vertiefte Abklärungen seien nötig. Es gehe um über Tausende Namen auf diesen Listen.
«Wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter»
Druck kommt aber auch von amerikanischer Seite. Die Schweiz solle aktiver nach russischem Geld suchen, fordert auch der neue US-Botschafter in der Schweiz, Scott Miller. Gegenüber der «NZZ am Sonntag» warnt er die Schweizer Banken. Sie müssten aktiver nach russischen Oligarchengeldern suchen. Banken, die nicht kooperierten, hätten mit negativen Konsequenzen zu rechnen. «Wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter.»
Die Bankiervereinigung ihrerseits betont, dass sich die Schweizer Banken an alle geltenden Vorschriften und Massnahmen hielten. Man wende sogar «mehrere Sanktionsfilter kumuliert an». Auch jene der USA. Dennoch denken diese, dass die Schweiz noch mehr tun könne. Sie soll sich der internationalen Taskforce anschliessen, die Oligarchengelder aufspüren will.
Hier sind auch auf politischer Ebene Bestrebungen im Gang. So will die SP kommende Woche in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) mit einer Motion eine nationale Taskforce verlangen, um die Suche nach russischen Oligarchengeldern nochmals zu verstärken. (dba)