Der Schweizer Geheimdienst rüstet weiter auf – und tauscht sich fleissig mit ausländischen Partnerdiensten aus! Letztes Jahr stieg dieser Informationsaustausch auf ein neues Rekordniveau, wie der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) BLICK bestätigt: «Der NDB erhielt 2020 rund 13'500 Meldungen von ausländischen Partnerdiensten, an ausländische Partnerdienste gingen seitens NDB rund 6000 Meldungen», sagt Kommunikationschefin Isabelle Graber. 1000 Meldungen mehr als im Jahr zuvor.
Dabei tauscht sich der NDB mit über 100 ausländischen Geheimdiensten aus. Seit 2015 hat der NDB mit ausländischen Geheimdiensten damit über 100'000 Meldungen ausgetauscht! Zu den Gründen für den letztjährigen Anstieg schweigt sich der Geheimdienst aus.
Mit ein Grund war aber die Corona-Krise, wie VBS-Protokollen nahelegen, die BLICK vorliegen. «Der NDB hat schon mehrere Anfragen von Partnerdiensten zu Corona erhalten», heisst es dazu im April 2020. «Es sind Fragen zur Beurteilung der Auswirkungen der Pandemie, der Einschätzung von Beeinflussungsoperationen sowie Fragen, ob es Corona-bedingt mehr Drohungen gegen Minister und andere Entscheidungsträger gebe.»
Neben der Bekämpfung von Cyberattacken ist zudem die Terrorismusabwehr seit Jahren ein Schwerpunkt. Auch hier warnte der NDB in den VBS-Protokollen, dass das Virus «in instabilen Regionen der Welt für Unsicherheit sorgen kann».
Geheimdienst kostet über 100 Millionen
Auch finanziell bewegt sich der NDB auf einem Rekordniveau. 103,5 Millionen Franken gab er letztes Jahr gemäss Staatsrechnung aus – über 13 Millionen mehr als ursprünglich budgetiert. Damit liegt er erstmals über der 100-Millionen-Marke. Im Bereich der Sicherheit gehört die Aufstockung beim NDB zu den «Wachstumstreibern», heisst es dazu in der Botschaft zur Staatsrechnung 2020. Und für 2021 hat das Parlament sogar 113 Millionen budgetiert.
Damit einher geht auch ein ständiges Stellenwachstum: Der durchschnittliche Personalbestand belief sich 2020 auf 357 Vollzeitstellen – über 20 mehr als im Jahr zuvor. Der Personalausbau geht auch dieses Jahr weiter. Bis 2023 ist eine Aufstockung um jährlich 20 auf über 400 Stellen geplant. Damit erfüllt Verteidigungsministerin Viola Amherd (58) eine Forderung von Geheimdienstchef Jean-Philippe Gaudin (58). «Geben Sie mir operationelle Kräfte, damit ich einen richtigen Job machen kann», hatte dieser 2018 öffentlich verlangt.
NDB-Sprecherin Graber räumt ein: «Im Rahmen der Nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyberrisiken können beim NDB ausserdem weitere Stellen geschaffen werden.»
Seiler Graf will mehr politische Führung
SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (52, ZH) beobachtet die Arbeit des Nachrichtendienstes kritisch. Trotzdem sieht sie am zunehmenden Informationsaustausch «per se nichts Anrüchiges», wie sie sie BLICK erklärt: «Wenn diese Nachrichten dazu dienen, die Achtung der Menschenrechte voranzubringen, den Rechtsstaat zu stärken und Rüstungskontrolle und Frieden zu fördern, so finde ich es nicht schlimm, wenn die Anzahl Meldungen in einem Jahr um 1000 steigt.»
Die zentrale Frage sei für sie vielmehr, welche Art Nachrichten der NDB beschaffe und wozu. «Es kann zum Beispiel nicht sein, dass der NDB personell aufdotiert wird, um Informationen über Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu sammeln», sagt die Sicherheitspolitikerin. «Es ist also auch eine Frage der politischen Steuerung. Wer steuert den NDB politisch und übernimmt die politische Verantwortung?»
Diesbezüglich hat sie – ausgelöst durch die Crypto-Affäre – erst vor kurzem Antworten vom Bundesrat gefordert. Allerdings ist sie mit der bundesrätlichen Stellungnahme nicht zufrieden, lässt die Regierung doch viele Fragen unbeantwortet – und vertröstet auf eine spätere Stellungnahme zum Inspektionsbericht der Geschäftsprüfungsdelegation, welche bis spätestens Anfang Juni erfolgen soll.
«Spätestens seit der Crypto-Affäre sollte es meiner Meinung nach klar sein, dass der Bundesrat den NDB unbedingt politisch führen sollte», betont Seiler Graf. Sie will nun die angekündigte Stellungnahme abwarten. «Je nach dem kann es nötig sein nachzuhaken.»