Das Ja des Stimmvolks zur 13. AHV-Rente war massiv. Die Niederlage für die Bürgerlichen bitter. Umso mehr, als SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (60) innert Kürze einen Finanzierungsvorschlag auf den Tisch legte: Zusätzliche Lohnprozente und eine höhere Mehrwertsteuer sollen den «Dreizehnten» für die Seniorinnen und Senioren sichern.
Ein Rezept, das der bürgerlichen Rechten nicht passt. FDP, SVP und GLP wollen die Finanzierungsvorlage abschiessen, bevor sie überhaupt zum Fliegen kommt.
Druck auf AHV-Fonds steigt
Eine rechte Allianz setzte sich in der nationalrätlichen Sozialkommission mit 13 zu 12 Stimmen knapp durch und verlangt vom Bundesrat, auf eine separate Vorlage zu verzichten. Stattdessen soll die AHV-Finanzierung erst mit der nächsten grossen AHV-Reform geklärt werden.
Das Manöver ist offensichtlich: Ohne Zusatzfinanzierung würde sich der AHV-Fonds zusehends leeren – und der damit steigende Leidensdruck soll einem höheren Rentenalter den Weg bahnen – obwohl das Stimmvolk einem höheren Rentenalter gerade erst eine deutliche Absage erteilt hat.
Mitte ärgert sich über «Trotzreaktion»
Nicht nur SP und Grüne heulen auf, sondern auffällig laut auch die Mitte. Auf X war diese rasch bemüht, sich vom Vorgehen der bürgerlichen Kollegen zu distanzieren. «Eine staatspolitisch bedenkliche Trotzreaktion von Abstimmungsverlierern auf einen missliebigen Volksentscheid», twitterte Parteipräsident Gerhard Pfister (61).
Und Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (45) legte nach: «Will da gerade eine Kommission das Volk erziehen? Oder wie muss man das verstehen, dass der Leidensdruck noch nicht genug gross sei?»
«Natürlich braucht es eine Gesamtschau für die AHV, doch bis dahin braucht es ebenso eine Übergangsfinanzierung für die 13. AHV-Rente», macht Bregy gegenüber Blick klar.
Auch die Mitte habe die linke Initiative bekämpft, nun müsse man aber den Volksentscheid respektieren und eine konstruktive Lösung finden. «Wir können nicht einfach den AHV-Topf leeren, um so den Leidensdruck zu erhöhen – das wäre völlig daneben.»
Bregy stellt sich als Übergangslösung einen – allenfalls befristeten – Mix aus Lohnprozenten, Mehrwertsteuer, Bundesbeiträgen und AHV-Fonds-Geldern vor. «Wir müssen die Belastung verteilen.»
Nächste AHV-Reform auf 2030
Bis 2026 muss der Bundesrat sowieso neue Vorschläge für eine AHV-Reform ab 2030 präsentieren. Bis dahin soll Klarheit über weitere Finanzierungsmöglichkeiten bestehen – wie etwa eine Finanzmarkt-Transaktionssteuer, die vier bis fünf Milliarden Franken einbringen könnte.
Bis eine solche aber umgesetzt werden kann, dauert es Jahre. Bregy will die Finanzierung deshalb nicht auf die lange Bank schieben. «Wir müssen jetzt Druck vom Kessel nehmen, damit wir mittelfristig eine gute und nachhaltige Reform aufgleisen können», so der Walliser Nationalrat.
GLP-Mettler: «Kein Zeitdruck»
«Wir haben keinen Zeitdruck, der AHV-Fonds steht vorerst noch auf gesunden Beinen», widerspricht GLP-Nationalrätin Melanie Mettler (46, BE). Obwohl sich ohne Gegenmassnahmen das AHV-Umlageergebnis gemäss Zahlen des Bundes ab 2026 ins Minus dreht und sich der Fonds bis 2037 leeren würde, wehrt sich Mettler gegen einen «Schnellschuss, der auf Kosten der jungen Generation geht und in einer Referendumsabstimmung scheitern dürfte».
Man müsse sich nun Zeit für eine Auslegeordnung nehmen und eine seriöse Reform aufgleisen, die das grösste Problem der AHV in Angriff nimmt: «Bis 2050 fehlen der AHV 150 Milliarden Franken!» Pflästerlipolitik reiche da nicht mehr. «Es braucht ein breites Massnahmenpaket.»
Zusätzliche Steuern nötig
Dabei steht für sie nicht etwa ein höheres Rentenalter im Vordergrund, sondern ein Anreizsystem, damit mehr Leute freiwillig mehr und auch länger arbeiten. Investitionen in Kitas beispielsweise, damit mehr Frauen arbeiten könnten. Oder Anreize für Ältere, die über das Rentenalter hinaus arbeiten möchten. Dadurch profitiere auch die AHV.
Mettler ist sich bewusst, dass es trotzdem neue Finanzierungsquellen braucht: «Am besten wären eine Erbschafts- und eine Kapitalgewinnsteuer. Allenfalls kombiniert mit der Mehrwertsteuer.»
GLP als Zünglein an der Waage
Klar ist, dass der Kommissionsbrief Sozialministerin Baume-Schneider kaum davon abhalten wird, rasch eine Finanzierungsvorlage ins Parlament zu bringen. SVP- und FDP-Fraktion kommen im Nationalrat zusammen auf 95 Stimmen. Mitte, SP und Grüne ebenso.
Die 10 GLP-Nationalräte werden damit zum Zünglein an der Waage. Schiessen sie die Vorlage dann ab? «Warten wir ab, was herauskommt», sagt Mettler. «Eine einseitig über Lohnprozente finanzierte Vorlage kommt für uns aber nicht infrage.»