Das müssen Sie zur Booster-Impfung wissen
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Experte klärt Fragen:Das müssen Sie zur Booster-Impfung wissen

Oberster Hausarzt Philippe Luchsinger zur Corona-Situation
«Wir können boostern, bis uns die Ohren wackeln!»

Die Corona-Entwicklung macht Hausarzt-Präsident Philippe Luchsinger Sorgen. Er empfiehlt, jetzt schon freiwillig Maske zu tragen – etwa im Kino. 2G-Regeln in der Schweiz hingegen hält er für nicht realistisch.
Publiziert: 16.11.2021 um 00:36 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2021 um 06:29 Uhr
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«Wir haben genügend Impfstoff und können nun boostern, bis uns die Ohren wackeln!», sagt der oberste Hausarzt Philippe Luchsinger.
Foto: Keystone
Interview: Ruedi Studer

Die Corona-Pandemie fordert auch die Hausärzte – erst recht mit dem Boostern auf breiter Front. Philippe Luchsinger (64) ist seit fünf Jahren Präsident des Verbands Haus- und Kinderärzte Schweiz und damit «oberster Hausarzt». Im Blick-Interview schaut er mit Sorge auf die ansteigenden Corona-Zahlen und die kommende Winterzeit.

Blick: Herr Luchsinger, die Kantone sind für den Booster parat. Die Hausärztinnen und Hausärzte auch?
Philippe Luchsinger: Ja, wir sind parat. Wir haben genügend Impfstoff und können nun boostern, bis uns die Ohren wackeln! In unserer Praxis haben wir schon letzte Woche zu boostern begonnen. Im Moment kommen ja alles Leute, die sich schon vorher stark für die Impfung interessiert haben und nun ihren Impfschutz verbessern wollen.

Schon diese Woche wird die Booster-Empfehlung für alle ab zwölf Jahren erwartet. Können Sie das überhaupt stemmen?
Man muss ja sechs Monate warten, bevor man die Auffrischimpfung erhält. Damit haben wir genügend Zeit, schön der Reihe nach zu impfen. Für Jüngere spielt es keine Rolle, wenn es ein paar Wochen später wird, daher können wir das verteilen. Allerdings muss man sich Gedanken machen, wie es mittelfristig weitergehen soll. Viele Kantone haben ihre Impfzentren reduziert und kein klares Konzept, wie es nächstes Jahr mit Erstimpfungen und Boostern laufen soll. Hausärzte und Apotheken werden sicher ihren Beitrag leisten, aber den Kantone fehlt die langfristige Strategie immer noch – auch organisatorisch.

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Wir haben gerade die nationale Impfwoche hinter uns. Ihr Fazit?
Es wurde viel Geld aufgewendet für wenig Wirkung. Die Hoffnung, dass man Ungeimpfte auf breiter Front fürs Impfen gewinnt, wurde enttäuscht. Wer sich hat impfen lassen wollen, ist geimpft. Die anderen wollen einfach nicht.

Haben Sie eine Erklärung für diesen Unwillen?
Nein, ich verstehe es einfach nicht. Es ist schade, dass viele Menschen nach bald zwei Jahren Covid-Pandemie noch immer nicht realisiert haben, wie heimtückisch diese Krankheit ist. Sie glauben vielleicht, dass sie ein genügend gutes Immunsystem haben, dabei stehen sie dem Coronavirus quasi nackt gegenüber. Das Traurigste sind junge Schwangere auf der Intensivstation, bei denen um das Leben von Mutter und Kind gebangt werden muss – obwohl sich diese Fälle mit einer Impfung verhindern liessen.

Weshalb schaffen dann andere Länder eine höhere Impfquote?
In der Schweiz gibt es zu wenig Leute, die gesehen haben, was eine Erkrankung anrichten kann – mit Wochen auf der Intensivstation, in der Reha und mit Long Covid. Die Krankheitslast ist dem Schweizer nicht bewusst. Das ist der Unterschied zu Portugal, Spanien oder Italien, wo die Bevölkerung gesehen hat, was passieren kann. Die sind gottenfroh, sich impfen lassen zu können.

Der Winter steht vor der Tür. Was erwarten Sie?
Ich mache mir grosse Sorgen. Auch wenn wir weiter impfen und boostern, wird es angesichts der aktuellen Entwicklung schwierig. Um weitere Massnahmen kommen wir wohl nicht herum.

Braucht es ein 2G-Konzept wie in Österreich? Gar einen Lockdown für Ungeimpfte?
2G ist für die Schweiz nicht realistisch – alleine schon aus politischen Gründen. Die Schweiz hat bisher stark auf Empfehlungen gesetzt und nicht auf restriktive Bestimmungen.

Was braucht es also?
Man sollte Abstand halten, nicht zu stark im Pulk unterwegs sein und auch privat weniger Leute treffen. Und wer ins Theater, ins Kino oder an einen Eishockeymatch geht, sollte jetzt schon freiwillig eine Maske tragen.

Und wenn das alles doch nichts nützt, und die Spitäler überlastet werden?
Wenn das Gesundheitssystem zusammenbricht, geht es nicht ohne Lockdown für alle – Ungeimpfte wie auch Geimpfte. Es liegt an uns allen, dies zu verhindern.

Mit der kälteren Jahreszeit kommen auch die Erkältungen. Viele sind verunsichert, ob es nur der jährliche Schnupfen oder doch eine Corona-Infektion ist. Wie wirkt sich das aus?
Das Problem ist, dass sich manche Leute nicht testen lassen, weil sie glauben, es sei bloss eine Erkältung. Ein Teil davon ist aber mit dem Virus infiziert und verbreitet es weiter. Deshalb mein Appell: Lassen Sie sich bei Symptomen testen! Wir müssen wissen, wer infiziert ist, um das Geschehen im Griff halten zu können.

Macht eine Rückkehr zu Gratistests Sinn, um die Hürde zu senken?
Nein, bei Symptomen sind die Tests ja immer noch gratis.

Corona, Erkältungen – befürchten Sie auch schon bald eine Grippewelle?
Im Moment beobachten wir da noch nichts. Die Grippe wird meist gegen Weihnachten zum Thema. Was aber auffällt: Gerade ältere Personen lassen sich dieses Jahr öfter gegen Grippe impfen.

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