An der Corona-Front sieht es düster aus: Über 10'000 neue Coronavirus-Ansteckungen vermeldete das Bundesamt für Gesundheit am Mittwoch, 140 Personen landeten neu im Spital und die Intensivstationen füllen sich zunehmend mit Covid-Patienten.
Trotzdem geht es mit den Erstimpfungen nicht wirklich voran – nur etwa 4000 Personen lassen sich derzeit täglich zum ersten Mal piksen. Lediglich knapp zwei Drittel der Bevölkerung sind bisher vollständig geimpft.
Das schleppende Impftempo bereitet SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (35) Sorge. Um mit der Impfquote schneller nach oben zu kommen, müssten Bund und Kantone die Informations- und Aufklärungskampagne nochmals intensivieren, findet er. Dafür will Wermuth den Kantonen ein neues Instrument in die Hände geben. Die Behörden sollen nämlich alle Ungeimpften zu einem Beratungsgespräch aufbieten können. Aus Datenschutzgründen war dies bislang nicht möglich.
«Zwei, drei Termine»
Der SP-Politiker bekommt noch immer viele Zuschriften von ungeimpften Menschen, die sich mit ihren Ängsten und Fragen allein gelassen fühlen, wie Wermuth berichtet. «Da hilft ein zusätzliches Plakat am Bahnhof nicht, sondern nur das Gespräch mit Fachpersonen», begründet er sein Vorhaben. Die Erfahrungen in anderen Ländern würden zeigen, dass eine solch direkte Kontaktaufnahme und die Impfberatungen wirken können. «Am besten wäre es, man bekäme direkt zwei, drei Termine angeboten», sagt er.
Mit einem entsprechenden Antrag will Wermuth bereits am Donnerstag bei der Beratung des neuen Covid-19-Gesetzes im Nationalrat dafür sorgen, dass die zuständigen Behörden von Bund und Kantonen «noch nicht geimpfte Personen zwecks Information und Einladung zur Impfberatung direkt kontaktieren» können.
Teilnahme freiwillig
Die entsprechenden Kontaktdaten müssten die Krankenkassen zur Verfügung stellen, denn diese wissen aufgrund der Abrechnungen, welche Versicherten geimpft sind und welche nicht. Die Daten dürften nur für die Kontaktaufnahme verwendet werden. Danach wären sie vollständig zu löschen.
Allerdings: Die Wahrnehmung eines Termins wäre für die Angeschriebenen nicht verpflichtend. «Natürlich kann man niemanden zwingen, da dann hinzugehen. Es bleibt den Angeschriebenen freigestellt», betont Wermuth. Ebenso wenig will er die Behörden verpflichten, entsprechende Einladungen auszusprechen. Der Antrag ist deshalb als Kann-Bestimmung formuliert. «Bund und Kantone können auf diese Möglichkeit zurückgreifen, sie müssen aber nicht.»
Geimpfte verlieren Geduld
Der SP-Co-Chef ist sich aber bewusst, dass sich mit einer Beratungskampagne die jetzige fünfte Welle nicht brechen lässt: «Die aktuelle Welle lösen wir nicht mit Erstimpfungen, dafür ist es zu spät», sagt er. Und ja, auch der Booster sei wichtig. Zentral seien die Beratungsaufgebote aber fürs nächste Jahr: «Wenn wir die Impfquote nicht schnell erhöhen, wird der politische Druck Richtung Verschärfungen für Ungeimpfte sehr schnell sehr gross. Das möchte ich verhindern», so Wermuth. «Die Geduld vieler, die sich haben impfen lassen, ist kurz vor dem Ende.»
Für ihn ist deshalb klar: «Was ich hier vorschlage, ist sowas wie der letzte Kompromissvorschlag.»