Der Bundesrat trifft sich am Dienstag zur Krisensitzung. Grund dafür sind die weiterhin steigenden Ansteckungs- und Hospitalisierungszahlen. Mit der neuen Omikron-Variante kommt zudem ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor ins Spiel.
Damit steigt der Druck auf den Bundesrat, die Zügel nicht nur den Kantonen zu überlassen, sondern auch die nationalen Massnahmen zu verschärfen. Dem Vernehmen nach bringt Gesundheitsminister Alain Berset (49) eine ganze Reihe von Möglichkeiten auf den Tisch, über welche er in der Regierung diskutieren will:
- Ausweitung der Maskenpflicht in Innenräumen – damit ginge es nur noch mit Maske ins Kino, ins Theater oder ins Fitnesszentrum. Trotz Zertifikat.
- Erweiterung der Zertifikatspflicht auf kleinere Veranstaltungen. Heute dürfen sich bis zu 30 Personen etwa zu Musikproben oder Yogastunden treffen, ohne dieses vorzuzeigen.
- Wo die Maskenpflicht nicht möglich ist, sollen Ersatzmassnahmen ergriffen werden.
- Für private Treffen stehen Kapazitätsbeschränkungen zur Diskussion – statt bei 30 könnte die Obergrenze bei 10 Personen zu liegen kommen. Weihnachten im kleinen Kreis also.
- Die Gültigkeitsdauer für PCR- und Antigen-Tests könnte auf 48 beziehungsweise 24 Stunden verkürzt werden.
- Mehr repetitive Testungen in Schulen und Betrieben sollen helfen, die Pandemie unter Kontrolle zu halten.
- Die Homeoffice-Frage kommt wieder aufs Tapet. Heute gilt eine Homeoffice-Empfehlung. Offenbar stellt Berset verschiedene Varianten zur Diskussion. Kommt also eine Rückkehr zur Homeoffice-Pflicht? Allenfalls nur für Ungeimpfte?
Erweiterte Maskenpflicht gefordert
Angesichts der Corona-Entwicklung fordern auch Politikerinnen und Politiker ein stärkeres Eingreifen des Bundesrats. Bei den konkreten Massnahmen gehen die Meinungen aber auseinander.
«Den Fokus muss man dort legen, wo sich viele Menschen in geschlossenen Räumen befinden», sagt SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen (42, BE). «Dort braucht es eine Ausweitung der Maskenpflicht und allenfalls auch eine Beschränkung der Ansammlungsgrösse.» Ganz wichtig sei auch das flächendeckende Testen an Schulen und in Betrieben. «Damit man frühzeitig reagieren kann, wenn das Virus zirkuliert.»
Auch für FDP-Ständerat Josef Dittli (64) ist klar, dass die Maskenpflicht auf Stufe Bund einheitlich geregelt werden soll. Zudem müsse die Kontrolle der Einreisenden in die Schweiz abgestuft nach Risikogebieten konsequent durchgeführt werden. «Für weitere Einschränkungen kann ich mich aber nicht erwärmen, schon gar nicht so knapp nach der Abstimmung», sagt der Urner. «Die wichtigste Massnahme ist für mich die rasche Booster-Impfung, insbesondere der über 60-Jährigen. Und es braucht weitere Anstrengungen zur Durchimpfung der Bevölkerung.»
SVP-Rösti fordert Gratistests
Ähnlich tönt es bei SVP-Nationalrat Albert Rösti (54, BE). «Wir müssen der Ausbreitung des Virus Rechnung tragen, auch wenn es unangenehm ist», sagt der frühere SVP-Chef. Allerdings sollen zusätzliche Massnahmen die Wirtschaft möglichst wenig einschränken. «Wenn wir nicht darum herumkommen, ist eine verstärkte Maskenpflicht wirtschaftlich sicher besser als sonstige Einschränkungen», sagt Rösti. «Dass halt auch die Geimpften Maske tragen müssen – wie wir jetzt im Bundeshaus –, das ist für mich akzeptabel.»
Zudem fordert er eine Rückkehr zu den Gratistests. Verschärfungen nur für Ungeimpfte, wie etwa eine 2G-Regel, kommen für ihn nicht infrage. So kurz nach der Covid-Abstimmung «käme das einem Vertrauensbruch gleich».
Mitte-Humbel sieht Kantone in der Pflicht
Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel (64, AG) sieht in erster Linie noch immer die Kantone in der Pflicht. «Ich fordere die Kantone auf, die bestehenden Massnahmen umzusetzen!» Sie denkt dabei insbesondere an repetitive Massentests an Schulen und in Betriebe, ebenso ans Impfen und Boostern. Auch restriktivere Auflagen für Anlässe wie etwa Weihnachtsmärkte seien auf Kantonsebene möglich. Die Kantone dürften die Verantwortung nicht einfach an den Bund abschieben, nur weil man «unpopuläre Entscheide weniger gern fällt».
Vom Bundesrat fordert sie denn aktuell auch keine neue Massnahmen, vielmehr soll er «eine Eskalationsstufe aufzeigen». Erst wenn alle Intensivstationen an der Belastungsgrenze und keine Verlegungen möglich seien, sei es ein gesamtschweizerisches Problem, findet Humbel.
Sie geht aber davon aus, dass der Bundesrat etwa bei der Maskenpflicht oder bei Kapazitätsbeschränkungen im privaten und öffentlichen Bereich beschliesst.
Kantone machen Druck und verschärfen
Die Gesundheitsdirektoren-Konferenz hatte den Bundesrat schon letzte Woche gedrängt, schweizweit einheitliche Verschärfungen zu beschliessen, um einen allzu grossen Flickenteppich zu vermeiden.
«Infrage kommen eine schweizweite Ausweitung der Maskenpflicht, vermehrtes Homeoffice, strengere Anforderungen an Schutzkonzepte und allenfalls auch Kapazitätsbeschränkungen», sagt GDK-Sprecher Tobias Bär.
Zahlreiche Kantone haben bereits in Eigenregie härtere Massnahmen ergriffen – etwa die Ausweitung der Maskenpflicht in Innenräumen und Schulen oder 3G-Zertifikatspflicht für Altersheim- und Spitalbesucher. Basel-Stadt hat just das Regime in Beizen und Bars verschärft: So darf nur noch an Tischen konsumiert werden.