2,222 Millionen Schweizerinnen und Schweizer haben am Sonntag dem Bundesrat den Rücken gestärkt und sich für das Covid-Gesetz ausgesprochen, rund 861'000 Leute weniger waren dagegen. Mit 62 Prozent lag die Zustimmung zum Gesetz noch höher als Mitte Juni. Und die Stimmbeteiligung gehört zu den höchsten der letzten Jahrzehnte.
Dennoch kommt beim Bundesrat keine rechte Freude auf. Denn derzeit liegen über 200 Corona-Patienten auf den Intensivstationen, und die neue Variante Omikron bereitet den Behörden Sorge. Das Bundesamt für Gesundheit vermeldete gestern Abend den ersten Omikron-Verdachtsfall in der Schweiz. Es geht rasend schnell.
«Zwei Pandemien parallel»
Bei seinem Auftritt vor den Medien sagte Gesundheitsminister Alain Berset (49), er habe erstmals am Donnerstag, gegen 17 Uhr, von der Omikron-Variante gehört. Man wisse noch sehr wenig über die Mutation, so der SP-Bundesrat.
Sorge bereiten ihm die Nachrichten darüber, dass die heutigen Impfungen allenfalls nur wenig Wirkung zeigen könnten. Sollte sich das bewahrheiten, dann hätten wir laut Berset «zwei Pandemien parallel». Neben der bei uns vorherrschenden Delta-Variante, gegen die die Impfung gut wirkt, eine Mutante, auf die die Impfung allenfalls erst noch angepasst werden muss.
Es ist deshalb nun umso wichtiger, dass die Kontakte minimiert und Ansteckungen verhindert werden. Mit dem klaren Ja zum Covid-Gesetz und damit zur bisherigen Corona-Politik von Bundesrat und Parlament hat die Landesregierung nun den notwendigen Rückhalt in der Bevölkerung, um auf Omikron zu reagieren.
Die Zustimmung hilft dem Bundesrat
Dass der Bundesrat vor dem Urnengang am Sonntag stets auf die Kantone verwies, hatte damit zu tun, dass er den Abstimmungsausgang beim Covid-Gesetz nicht gefährden wollte. Wäre die Covid-Abstimmung nur knapp gewonnen worden, so wäre das ein Beleg dafür gewesen, dass sich ein grosser Graben durch unsere Gesellschaft zieht.
Dass die Zustimmung seit der letzten Abstimmung im Juni gar noch gewachsen ist, hilft der Landesregierung. Auch, dass sich ausser Appenzell Innerrhoden und Schwyz alle Kantone fürs Covid-Gesetz ausgesprochen haben. Es gibt also keinen Graben zwischen Stadt und Land.
63 Prozent für 2G
Der grosse Rückhalt für Massnahmen zur Dämpfung der Corona-Ansteckungen spiegelt sich auch in einer repräsentativen Umfrage wieder, die der SonntagsBlick am Wochenende publizierte: 63 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass nur noch am öffentlichen Leben teilnehmen darf, wer genesen oder geimpft ist.
Neben dieser 2G-Regel findet mit einem Ja-Anteil von 53 Prozent auch eine allgemeine Impfpflicht Zustimmung. Noch grösser ist die Unterstützung für eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen: 69 Prozent der über 1000 Befragten wollen, dass Pflegerinnen und Pfleger sich impfen lassen müssen. Mit über 78 Prozent Nein-Stimmen wird aber ein allgemeiner Lockdown abgelehnt.
Am Freitag berät der Bundesrat über Verschärfungen
So oder so, Omikron gilt als Gamechanger. Die Mutante könnte dafür sorgen, dass der Kampf gegen die Pandemie nochmals neu aufgenommen werden muss. Erweist sich die Variante tatsächlich als so gefährlich wie befürchtet, «dann gilt es, erst mal Platz in den Spitälern zu schaffen», so ein Involvierter. Wahleingriffe müssten verschoben werden und die Kantone müssten zusätzliche Intensivpflegeplätze aufbauen.
Angesichts dieser Ausgangslage dürfte sich der Bundesrat bei seiner nächsten Sitzung am Freitag wieder mit Maskenpflicht in Innenräumen und Kapazitätsbeschränkungen befassen. Auch ob Grossanlässe weiterhin in der heutigen Form stattfinden können, ist fraglich. Selbst die 2G-Regel könnte Thema werden. Zentral aber sei das Boostern, heisst es.