Wäre Jesus 2021 in der Schweiz geboren, hätten die drei Könige nebst Gold, Weihrauch und Myrrhe unter Umständen auch noch ein Covid-Zertifikat dabeihaben müssen. Zumindest, wenn es nach dem Bundesrat geht. Er möchte die Zertifikatspflicht ausweiten – auch auf private Treffen. Neu soll der Covid-Nachweis an allen Veranstaltungen und Zusammenkünften in Innenräumen vorgewiesen werden müssen. Ausgenommen sind private Treffen mit maximal zehn Personen.
«Wir wussten, dass so etwas passieren kann»
Grund für die vorgesehene Verschärfung ist die Omikron-Variante. Deren Auftreten sei ein «Schock», sagte Bundespräsident Guy Parmelin (62) an einer Medienkonferenz am Dienstag. Gesundheitsminister Alain Berset (49) meinte: «Wir wussten, dass so etwas passieren kann. Auch wenn wir hofften, dass es nicht so weit kommt.»
Am Dienstagabend hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) bestätigt, dass die gefährliche Virus-Mutante in der Schweiz angekommen ist. Bei zwei Personen, die laut BAG miteinander in Verbindung stehen, konnte sie nachgewiesen werden. Die beiden befinden sich in Isolation.
Weil Omikron möglicherweise ansteckender ist und auch noch unklar ist, wie sehr die derzeit verfügbaren Impfstoffe vor der Variante schützen, hat sich der Bundesrat am Dienstag zur Krisensitzung getroffen. Und beschlossen, umgehend zu handeln. «Omikron hat uns unter Zugzwang gesetzt», sagte Berset. Ihm zufolge hätte man sonst – noch – zugewartet. Auch wenn die Zahl der Corona-Kranken in den Spitälern steigt und steigt.
Test-Zertifikat weniger lange gültig
Zusätzlich zur Ausweitung der Zertifikatspflicht schlägt die Regierung vor, eine Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen einzuführen. Ungeimpfte sollen sich zudem häufiger testen lassen müssen. Ein Zertifikat soll nach einem PCR-Test nur noch 48 statt 72 Stunden gültig sein und nach einem Antigen-Schnelltest nur noch 24 Stunden. Ausserdem könnten die Ungeimpften zu Homeoffice verdonnert werden. Eine Alternative wäre aus Sicht des Bundesrats eine generelle Homeoffice-Pflicht – oder eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz.
Der Bundesrat will die Schulen weiter zu Massentests verpflichten. Eine 2G-Regel oder eine Impfpflicht wie im nahen Ausland ist für ihn derweil kein Thema. Auch eine Zertifikatspflicht für den öffentlichen Verkehr sei nicht diskutiert worden, sagte Berset.
Er halte die nun vorgeschlagenen Massnahmen auch für Geimpfte für zumutbar. Schliesslich würde die Alternative – eine Überlastung des Gesundheitswesens – auch alle treffen, egal ob geimpft oder nicht, gab er zu bedenken. Die Massnahmen sollen bis 24. Januar befristet sein.
Weniger Einschränkungen als letztes Jahr
Weihnachten steht damit erneut unter keinem guten Stern. Im Vergleich zu vergangenem Jahr sind die nun vorgeschlagenen Einschränkungen aber geringer. Damals hatte der Bundesrat die Bevölkerung vor den Festtagen dazu aufgerufen, private Treffen auf maximal zehn Menschen aus zwei Haushalten zu beschränken. Weihnachtslieder sollten besser gesummt als gesungen werden.
Und auch das öffentliche Leben stand kurz vor Heiligabend still: Restaurants, Bars, Kinos, Museen oder Zoos mussten ab dem 22. Dezember schliessen. Einmal mehr appellierte der Bundesrat an die Menschen, zu Hause zu bleiben.
Am Freitag wird entschieden
Die Kantone, aber auch die Sozialpartner und das Parlament haben nun bis am Mittwochabend Zeit, Stellung zu den Vorschlägen zu beziehen. Am Freitag wird der Bundesrat dann wahrscheinlich entscheiden. Es ist gut möglich, dass es noch zu der einen oder anderen Anpassung kommen wird. Doch dass es Verschärfungen geben wird – und zwar schon bald –, steht fest.
Viele Kantone haben in den letzten Tagen zwar bereits selbst Massnahmen beschlossen. Doch nicht alle gingen gleich weit. SP-Präsident Cédric Wermuth (35) sagt gegenüber Blick TV, er sei enttäuscht über das Zögern der Kantone. «Deshalb ist es richtig, dass der Bund jetzt handelt.» Auch FDP-Chef Thierry Burkart (46) übt Kritik. Er hätte kantonale Massnahmen – je nachdem, wie sich die Situation vor Ort darstellt – begrüsst, sagt er. «Doch leider ist das ausgeblieben.»
Umso mehr müssten die Kantone nun liefern, sagt Burkart. «Sie müssen jetzt vorwärtsmachen, insbesondere beim Boostern.»