Darum gehts
- Kartengebühren belasten Händler. Nationalrat will Interchange Fee abschaffen
- Kleine Händler leiden unter hohen Gebühren und Konkurrenz durch Onlinehandel
- Studie: Läden zahlen 1,4 Milliarden Franken an Gebühren für Zahlungsabwicklung
Wenn Sébastien Aeschbach (44) ein Paar Schuhe verkauft, verdienen viele andere mit. Unter anderem die Banken, die jene Chärtli anbieten, die Kunden einfach an die Kasse halten. Vier Striche leuchten auf – und die Schuhe wechseln den Besitzer.
«Wenn ich ein Paar Schuhe für 150 Franken verkaufe, kostet das 80 Rappen an Gebühren. Früher waren es maximal 18 Rappen.» Aeschbach führt 17 Schuhgeschäfte, mehrheitlich in der Westschweiz, aber auch mit Filialen im Wallis, Basel und Tessin.
Für seine Filialen macht das viel aus. Genaue Zahlen will er nicht nennen, macht aber ein Rechenbeispiel: Wenn eine Boutique 500'000 Franken Umsatz pro Jahr erwirtschaftet, koste das 2600 Franken Gebühren. «Vor einigen Jahren waren es noch 1790 Franken, also ein Anstieg von fünfzig Prozent.»
Bei den Kartengebühren geht es um Milliarden: Die «Handelszeitung» berichtete im April vergangenen Jahres von einer Studie der Universität St. Gallen, wonach Läden 1,4 Milliarden Franken an Gebühren an Zahlungsabwickler oder Betreiber von Kartenterminals bezahlen.
Ein Teil davon, rund 45 Millionen Franken, ist die sogenannte Interchange Fee, welche die Bank des Kunden bekommt. Die Gebühr soll die Einführung der Debitkarte erleichtern, die die alten Maestro-Karten ablösen.
Wenn es nach dem Nationalrat geht, soll die Interchange Fee nun wegfallen. Er hat Vorstösse von FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro (64) und Mitte-Nationalrat Vincent Maitre (44) gutgeheissen.
«Die Gebühren sind eine grosse Belastung für kleinere Händler», klagt Aeschbach. «Sie leiden eh schon unter den hohen Preisen.» Die Händler versuchen, die Aufwände an die Kunden weiterzugeben. «Aber das ist kaum möglich. Die Konkurrenz durch den Onlinehandel oder andere Läden im Ausland ist zu gross.» Er befürchtet ein Lädelisterben. «Wir haben schon jetzt immer weniger Händler, die Innenstädte sterben aus. Es braucht jetzt Entlastung.»
«Unwahrscheinlich, dass Händler tatsächlich profitieren»
Am Montag entscheidet der Ständerat, ob Aeschbach diese bekommt. Der Interessenverband Swiss Debit Pay wehrt sich gegen die Abschaffung. Hinter dem Verband stehen die Schweizer Banken, die die Debitkarten herausgeben. «Die Interchange Fee machen nur einen geringen Teil der Gebühren aus», sagt Geschäftsführer Thomas Weber. Zahlt ein Händler 16 Rappen Gebühren, sind nur 3 Rappen davon Interchange Fees.
«Es ist unwahrscheinlich, dass die Händler bei einer Abschaffung tatsächlich profitieren», sagt Weber weiter. Denn um Kartenzahlung anzubieten, braucht es einen sogenannten Acquirer, also eine Art Zwischenhändler zwischen Geschäft und Kartennetzwerk. Auf dem Acquiring-Markt für kleinere Geschäfte «herrscht wenig Wettbewerb, und es ist unwahrscheinlich, dass die Acquirer die Senkung weitergegeben werden».
Die Banken würden mit den Debitkarten schon jetzt Verlust machen, sagt Weber. «Eine Karte kostet eine Bank bis zu 70 Franken im Jahr, die Kunden bezahlen dafür maximal 40 Franken oder weniger.» Die Interchange Fee helfe, diese Lücke zu schliessen. «Fällt sie weg, könnten andere Gebühren erhöht werden, zum Beispiel bei Transaktionen im Ausland.»
Die Diskussion über solche Interchange Fees gibt es schon länger. Die Wettbewerbskommission Weko hat gar eine Untersuchung gegen Visa und Mastercard eröffnet. Mit Mastercard wurde bereits eine Lösung gefunden: Es fallen Interchange Fees von 0,12 Prozent an, maximal 30 Rappen ab einem Betrag von 300 Franken. Doch dies nur, wenn man die Mastercard ans Kartenlesegerät hält. Bezahlt man mit Apple oder Samsung Pay, sind die Interchange Fees höher.
Schwerer Stand im Ständerat
Im Ständerat dürfte das Anliegen einen schweren Stand haben. Die vorberatende Kommission lehnt die Vorstösse von de Quattro und Maitre ab, genauso wie der Bundesrat. Stattdessen will die Kommission mit einem eigenen Vorstoss für mehr Transparenz über sämtliche Gebühren sorgen. Ein Vorgehen, mit dem Webers Verband leben könnte. «Gerade viele kleine Händler wissen gar nicht, welche Möglichkeiten sie haben, um Anbieter zu wechseln und so Gebühren zu sparen.»
Doch auch an diesem Vorgehen gibt es Kritik. Der Bundesrat lehnt den Vorschlag ab, genauso wie Schuhhändler Aeschbach. «Wir kämpfen schon seit Jahren um mehr Transparenz. Diese Hoffnung habe ich aufgegeben.»