Die Schweiz könnte es sich einfach machen und das Klima-Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs in Strassburg einfach zur Kenntnis, aber nicht ernst nehmen. Aussitzen, bis sich die Wogen geglättet haben. Die Richter in Strassburg verurteilten Anfang April die Schweiz auf eine Klage von Seniorinnen. Unser Land müsse mehr für den Klimaschutz tun, um die Gesundheit dieser Frauen zu schützen, so das Verdikt.
Doch für einmal soll sich die Schweiz nicht wegducken. Der Ständerat packt den Stier bei den Hörnern und kritisiert das Klima-Urteil in einer Erklärung dezidiert. Die Richter hätten ihre Kompetenzen überschritten und sich zu Unrecht in unsere Politik eingemischt.
Die Protesterklärung des Ständerates ist ungewöhnlich, aber kein verheerendes Signal gegen die Gewaltenteilung, wie linke und grüne Kritiker warnen. In einer Demokratie gilt Meinungsfreiheit. Richter sind nicht unfehlbar. Kritik an ihnen ist keine Gotteslästerung.
Es ist deshalb richtig, dass der Ständerat klare Kante zeigt und den Bundesrat dazu aufruft, dem Menschenrechtsgerichtshof seine Grenzen aufzuzeigen: Die Justiz soll nicht selber Politik machen. Sie ist da, um zu kontrollieren, ob Gesetze eingehalten werden, welche die Parlamente machen. Das ist die Idee der Gewaltentrennung.
Der Schweiz steht es zu, den Aktivismus des internationalen Gerichts zu hinterfragen, ohne gleich in Verdacht zu geraten, die Menschenrechte abschaffen zu wollen. Und: Die Schweiz soll sich nicht verrückt machen lassen auf ihrem Weg zu einem besseren Klimaschutz. Weder von Richtern in Strassburg noch den Greta Thunbergs dieser Welt – aber umgekehrt auch nicht von notorischen Klimaleugnern.