Wer findet sie nicht reflexartig sympathisch, die Seniorinnen, die in Strassburg einen historischen Sieg erlangt haben. David gegen Goliath. Die Machtlosen gegen die Mächtigen. Eine Gruppe älterer Frauen klagte, die Schweiz tue zu wenig gegen den Klimawandel, das gefährde ihre Gesundheit. In der Heimat blitzten sie ab, nun bekommen sie vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof recht.
Das Urteil ist eine Sensation. Aber bei aller Sympathie für die Seniorinnen ist dieses Urteil befremdlich und möglicherweise gar kontraproduktiv.
Der Menschenrechtsgerichtshof ist da, um einzelnen Bürgerinnen und Bürgern zu ihrem Recht zu verhelfen, wenn diesen im eigenen Land individuell Unrecht widerfährt. Aber dieses Urteil hat eine neue Dimension. Es verlangt quasi, dass die Schweiz ihre Umweltpolitik den Bedürfnissen der klagenden Seniorinnen anzupassen hat.
Fremde Richter
Wie heiss die Strassburger Suppe gegessen wird, ist zur Stunde zwar schwer abzuschätzen. Doch schon die ersten Reaktionen auf das Urteil zeigen: Die Fronten in der Klimapolitik dürften sich noch mehr verhärten. Und in der Europapolitik notabene spielt es jenen in die Hände, die überall fremde Richter wittern.
Die Schweiz ist noch lange nicht da, wo sie klimapolitisch sein sollte. Aber wir wollen demokratisch um die richtigen Massnahmen ringen. Wir wollen eine wirksame Klima-Politik, keine Klima-Justiz.