Bürgerliche im Bundesparlament lassen nicht locker. Inspiriert von Deutschland wollen sie Asylsuchenden den Geldhahn zudrehen – und fordern die Einführung einer Bezahlkarte. Flüchtende sollen künftig nach einheitlichen Standards einen Teil der ihnen zustehenden Leistungen als Guthaben auf der Karte erhalten. Und nicht mehr wie bisher per Barauszahlung. Das Ziel: Sozialleistungen sollen nicht mehr an Verwandte im Herkunftsland geschickt werden können – oder zumindest weniger.
Das Thema ist in der Schweiz umstritten. Bürgerliche Politiker aber beharren zumindest auf eine vertiefte Prüfung. Nun hat die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK-N) mit 14 gegen 9 Stimmen bei einer Enthaltung einen Vorstoss verabschiedet, der vom Bundesrat einen Bericht fordert, wie die Kantone bei der Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Personen unterstützt werden können.
Geld soll nicht ins Ausland gelangen
Die bürgerliche Kommissionsmehrheit zeigt sich überzeugt, dass mit dieser Massnahme, die derzeit von einzelnen Kantonen geprüft wird, «die Attraktivität der Schweiz als Zielland für Asylsuchende verringert werden kann». Es sei nicht hinnehmbar, dass Asylsuchende Geld, das sie als Sozialhilfe erhalten, ins Ausland schicken würden.
Mehr zur Bezahlkarte für Asylsuchende
Die Karte soll zum Bezahlen von Leistungen verwendet werden. Eine Barauszahlung von Guthaben hingegen wäre künftig ausgeschlossen. Die Befürworter erhoffen sich davon, dass die Schweiz als Zielland für illegale Migration weniger attraktiv wird.
Das Ganze versuchen die Befürworter mit eindrücklichen Zahlen zu unterstreichen. So sollen im Jahr 2018 alleine nach Tunesien rund zwei Milliarden Franken überwiesen worden sein. Nach Ghana sollen gegen 3,8 Milliarden geflossen sein und nach Marokko sogar etwa 7 Milliarden Dollar. Woher die Zahlen stammen, deklarieren die bürgerlichen Politiker allerdings nicht.
Gegner warnen vor «Bürokratiemonster»
Ganz anders sieht das die Kommissionsminderheit. Sie weist unter anderem darauf hin, dass die Kantone für die Sozialhilfe und deren Vergabeform zuständig seien. Komme hinzu, dass die Sozialhilfe ohnehin hauptsächlich in Sachleistungen erbracht werde. Die Missbrauchsgefahr sei angesichts der Kleinbeträge, die bar ausbezahlt werden, eher gering.
«Die von der SPK-N unterstützte SVP-Forderung nach Bezahlkarten für Geflüchtete basiert auf Misstrauen gegenüber Geflüchteten und nicht auf einem realen Problem», kritisiert die SP in sozialen Medien. «Bezahlkarten würden ein Bürokratiemonster schaffen und den betroffenen Menschen das Leben hier unnötig erschweren.»
Bundesrat glaubt nicht an Nutzen
Das linke Lager ist mit seinem Widerstand nicht alleine. Auch der Bundesrat hat sich gegenüber früheren Vorstössen bereits skeptisch gezeigt. Er erachte die Gefahr, dass entsprechende Geldleistungen zweckentfremdet oder sogar missbraucht werden, als gering: «Es hat sich zudem in früheren Jahren gezeigt, dass es kein System gibt, mit welchem Missbrauch vollumfänglich ausgeschlossen werden kann.»
Das gelte sogar dann, wenn Leistungen nur über Bons und Gutscheine zur Verfügung gestellt werden – oder über eine Debitkarte, betont der Bundesrat. Es sei daher fraglich, ob mit der Einführung von Bezahlkarten anstelle von Bargeld tatsächlich Missbrauch bekämpft oder sogar vermieden werden könnte.
Der Bundesrat lässt den Kantonen aber die Möglichkeit offen: Wenn diese Geldleistungen ausrichten, stehe es ihnen auch frei, über die Form der Ausrichtung zu bestimmen. In mehreren Kantonen forderte die SVP schon die Einführung solcher Bezahlkarten, etwa in St. Gallen. Die Kantonsregierungen in Zürich und in Baselland hingegen haben bereits erklärt, dass sie die Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende ablehnen.