Wie in Deutschland – kein Bargeld mehr für Asylsuchende
SVP setzt alles auf eine Karte

SVP-Politiker fordern – inspiriert von Deutschland – die Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende. Sie wollen damit verhindern, dass sie das Geld ins Ausland schicken.
Publiziert: 31.01.2024 um 17:13 Uhr
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Aktualisiert: 31.01.2024 um 17:23 Uhr
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Geht es nach der SVP, sollen Asylsuchende ihre Unterstützungsgelder künftig – wie in Deutschland – nur noch via einer speziellen Bankkarte erhalten.
Foto: keystone-sda.ch

Deutschland hat beschlossen: Eine Bezahlkarte für die Auszahlung staatlicher Leistungen für Asylsuchende kommt bundesweit. 14 der 16 Bundesländer haben sich darauf geeinigt.

Das Ziel: Flüchtende sollen künftig nach einheitlichen Standards einen Teil der ihnen zustehenden Leistungen als Guthaben auf der Karte erhalten. Und nicht mehr wie bisher per Barauszahlung. Deutsche Sozialleistungen können also nicht mehr an Verwandte im Herkunftsland geschickt werden – oder zumindest weniger. 

SVP-Egger wird Vorstoss einreichen

Das Thema findet auch in der Schweiz Anklang. Die SVP St. Gallen etwa forderte bereits, dass Asylsuchende im Kanton ihre Unterstützungsgelder künftig auch nur noch über eine solche Bankkarte ausgezahlt bekommen.

SVP-Nationalrat Mike Egger (31) findet die Bezahlkarte ebenfalls eine gute Sache. Er gibt zu bedenken, dass die geplante flächendeckende Einführung in Deutschland dazu führen könnte, dass Asylsuchende in die Schweiz ausweichen, wo sie schliesslich weiter über Bargeld verfügen könnten.

Egger will darum in der Frühlingssession eine Interpellation einreichen. Darin will er vom Bundesrat wissen, ob dieser die Einführung solcher Debitkarten ebenfalls als geeignetes Mittel betrachtet, um «die missbräuchliche Verwendung» staatlicher Unterstützung für Asylsuchende zu verhindern?

«Behörden winken bei allen Vorschlägen ab»

Auch will er wissen, ob der Bundesrat bereit sei, den Kantonen die Einführung von Debitkarten anstelle von Bargeld zu empfehlen und mit der Auszahlung der entsprechenden Bundesgelder zu verknüpfen. Denn für Egger ist klar: «Wir sind da, um Schutz zu bieten und nicht Wohlfahrt.»

Eggers Partei- und Nationalratskollegin Martina Bircher (39) hat sich schon 2015 als Gemeinderätin von Aarburg AG mit der Frage beschäftigt. Sie sagt: «90 Prozent der Flüchtlinge lebten damals bei uns von Sozialhilfe. Und sie haben rund ein Drittel der Gelder in ihr Heimatland geschickt – was eine Zweckentfremdung der Sozialhilfegelder ist.»

Juristisch aber sei damals erklärt worden, dass beispielsweise die Einführung einer Prepaidkarte gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstossen würde. Heisst: Eritreer dürfen nicht anders behandelt werden als Schweizer Sozialhilfebezüger.

Bundesrat erachtet Missbrauch als gering

Bircher hat einen neuen Anlauf genommen und beim SEM angefragt, wie das Staatssekretariat die Situation und Möglichkeiten einer solchen Bezahlkarte einschätzt. Allein: «Bisher haben die Behörden bei fast allen Vorschlägen abgewunken. Das gehe nicht, jenes dürfe man nicht, hiess es», sagt sie.

Umso irritierender sei es, wenn EU-Länder genau die gleichen Massnahmen dann plötzlich umsetzten. «Die Schweiz ist hier einfach zu zurückhaltend», sagt sie. Bircher sähe darin eine Gelegenheit für den neuen Justizminister Beat Jans (59), erste Schwerpunkte zu setzen.

SP-Nationalrätin Céline Widmer (45) hingegen sagt: «Das ist überhaupt keine neue Idee, entsprechende Vorstösse – auch auf nationaler Ebene – gab es bereits früher.» Tatsächlich hat sich der Bundesrat dazu bereits geäussert: Er erachtete damals die Gefahr als gering, dass solche Geldleistungen an Asylsuchende zweckentfremdet oder missbraucht würden.

«Nonsense» und «bürokratisches Monster»

Widmers Fazit ist klar: «Solche Bezahlkarten bringen bloss einen bürokratischen Mehraufwand und sind darum Nonsens.»

Eine Befürchtung, die FDP-Ständerat Damian Müller (39) teilt: «Deutschland wird ein bürokratisches Monster erschaffen, um ein System einzuführen, das nicht viel lösen wird.»

«Wirtschaftsflüchtlinge werden immer einen Weg finden, um Geld ins Ausland zu schicken, etwa indem sie die gekauften Produkte weiterverkaufen», sagt Müller.

Er findet darum, dass sich die Schweiz nicht auf dieses Modell einlassen, sondern vielmehr ihre Attraktivität für Wirtschaftsmigranten verringern solle. Damit diese sich gar nicht erst dafür entscheiden, in die Schweiz zu kommen.

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