Jetzt sind es vier SP-Männer, die offiziell ins Rennen um die Nachfolge von Alain Berset (51) eingestiegen sind. Am Montag gab der Nationalrat Jon Pult (38) sein Interesse am Bundesratsamt bekannt. Im Blick-Interview erklärt der Bündner, warum er in die Schweizer Regierung will.
Blick: Was prädestiniert Sie als Bundesrat, Herrn Pult?
Jon Pult: Ich möchte der Vertreter einer jüngeren Generation sein. Dafür bringe ich politische und berufliche Erfahrung mit. Ich bin der Vertreter der Vielfalt, ich trage in mir drei Sprachen. Ich glaube, ich kann das. Ich traue mir zu, dem Land etwas Gutes zu tun, darum kandidiere ich jetzt. Wenns nicht klappt, ist es auch ok.
Sehen Sie sich als Deutschschweizer oder als Lateiner?
Ich habe mit meiner Mutter Italienisch und mit meinem Vater Romanisch gesprochen. In der Schule dann praktisch nur noch Deutsch. Meine Hauptarbeitssprache ist heute Deutsch, aber ich träume dreisprachig.
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Sie sitzen erst seit vier Jahren im Parlament. Sie können somit nicht sonderlich viel Erfahrung in Bundesbern vorweisen.
Das kann ich nicht wegdiskutieren. Ich plädiere dafür, mir eine Chance zu geben. Ich möchte die jüngere Generation in der Regierung repräsentieren. Es ist der richtige Moment für eine Kandidatur. Schliesslich ist es für mich eine recht abschreckende Vorstellung, Politiker zu sein, der jetzt nicht kandidiert, aber das Amt vielleicht trotzdem will. Ich müsste dann über Jahre darauf hoffen, dass wieder eine Gelegenheit kommt. Ich könnte mich so nicht mehr frei von Politik machen.
Sie wollen den Bundesrat verjüngen. Jugendlichkeit ist per se noch kein Qualitätsmerkmal. Was können Sie denn besser als die erfahrenen SP-Politiker, die sich zur Verfügung stellen?
Ob ich etwas besser kann, weiss ich nicht. Aber ich habe eine andere Perspektive auf das Leben. Es ist einfach anders, ob man 40 Jahre oder 60 Jahre alt ist. Man lebt in einer unterschiedlichen Realität. Es ist im Interesse der Schweiz, dass im Bundesrat auch jemand einer jüngeren Generation angehört.
Sie haben kaum Führungserfahrung, warum glauben Sie, der Aufgabe gewachsen zu sein?
Es ist wichtiger, was für ein Führungsverständnis man mitbringt. Ich habe in meinen kleineren Führungsfunktionen immer einen partizipativen Führungsstil bewiesen. Dies, weil ich glaube, man muss den Mitarbeitenden Freiraum geben, ihnen Vertrauen schenken, Raum für Innovation lassen. Aber wenns brenzlig wird, muss man voll da sein und Verantwortung übernehmen, das ist mein Führungsverständnis.
Zurzeit fehlt dem Bundesrat eine Vertretung der städtischen Bevölkerung. Sie aber kommen aus einem Bergkanton.
Ich bin ein urbaner Mensch, ich möchte alle daran erinnern, dass Chur eine Stadt ist. Aber ich habe meine Wurzeln in den Berggebieten, ja. Gerade weil ich beide Welten gut kenne und in mir trage, traue ich mir zu, den Zusammenhalt zwischen diesen Welten und vielen anderen Realitäten unseres Landes zu repräsentieren. Ich habe schon am Stammtisch im Unterengadin versucht zu erklären, warum der Wolf gut ist fürs Ökosystem und den Wald. Und gleichzeitig hab ich im Kreis 4 in der Stadt Zürich erklärt, warum zu viele Wölfe eben auch ein Problem für die Landwirtschaft sind. Ich kann diese Übersetzung machen zwischen den unterschiedlichen Lebensrealitäten.
Es fällt auf, dass bisher keine Frauen aufgetreten sind, die sich offiziell als Nachfolgerinnen von Alain Berset bewerben. Wie stehen Sie dazu?
Ich würde mich freuen, wenn sich noch eine Frau meldet. Aber es liegt ja nicht an mir, das zu entscheiden. Es wäre für die SP jedoch sicher gut, es käme noch eine Frau.
Würden Sie sich als Feminist bezeichnen?
Ja.
Sie sind Doppelbürger. Werden Sie als Bundesrat Ihren italienischen Pass behalten?
Ich bin als Doppelbürger geboren und gedenke auch so zu sterben. Als Bundesrat würde ich mich aber dennoch zu 100 Prozent für die Schweiz engagieren.