Hoffen aufs Nachrutschen bei Ständeratswahlen
Duell zwischen GLP-Hässig und SVP-Schläpfer

Die zweiten Wahlgänge der Ständeratswahlen wirken sich auch auf den Nationalrat aus. In Zürich hoffen eine Abgewählte und ein Neuling auf ein Nachrutschen. Auch in anderen Kantonen wird es spannend.
Publiziert: 31.10.2023 um 14:05 Uhr
|
Aktualisiert: 31.10.2023 um 14:22 Uhr
1/17
Wird in Zürich GLP-Frau Tiana Angelina Moser Ständerätin, dann rückt Patrick Hässig in den Nationalrat nach.
Foto: Karin Frautschi
RMS_Portrait_AUTOR_1047.JPG
Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

33 von 46 Sitzen im Ständerat sind nach dem ersten Wahlgang besetzt. In neun Kantonen kommt es im November zu zweiten Wahlgängen und zu spannenden Rennen um die noch 13 freien Sitze.

Im Schatten der Ständeratswahlen spielen sich noch ganz andere Wahlkämpfe ab: In sieben Kantonen könnten amtierende oder neu gewählte Nationalräte den Sprung ins Stöckli schaffen, und damit dem einen oder andern Gspänli das Nachrutschen in die grosse Kammer ermöglichen.

Im Kanton Zürich beispielsweise kommt es damit nicht nur zum Duell zwischen GLP-Nationalrätin Tiana Angelina Moser (44) und SVP-Nationalrat Gregor Rutz (51), sondern auch zwischen GLP-Mann Patrick Hässig (44) und SVP-Frau Therese Schläpfer (64). Die beiden sind jeweils auf dem ersten Ersatzplatz gelandet – und so wird Hässig oder Schläpfer nach Bundesbern nachrücken.

SVP-Schläpfer hofft auf Sofort-Comeback

Für Schläpfer wäre mit der Rutz-Wahl ein Sofort-Comeback verbunden. Nachdem die Zürcher SVP am Wahlsonntag auf ihren zehn Mandaten sitzenblieb und Schläpfer als Bisherige auf dem elften Platz gelandet war, könnte sie gleich wieder Nachrutschen und so ohne Unterbruch weiter politisieren.

«Die Enttäuschung war riesig», sagt sie. Umso motivierter ist sie nun für den weiteren Wahlkampf, sind doch einige Aktionen auf der Strasse geplant, um für Rutz und sich zu werben. «Wir müssen verhindern, dass Zürich künftig mit zwei Linken im Ständerat vertreten ist», sagt sie. Persönlich möchte sie sich in Bundesbern weiterhin in der Gesundheitskommission engagieren. «Wir müssen die Gesundheitskosten senken, an diesem Thema würde ich gerne weiterarbeiten.»

GLP-Hässig in letzter Minute nicht gewählt

Auch GLP-Kandidat Hässig erlebte am Wahlsonntag ein Wellenbad der Gefühle. Lange sah es so aus, als würden die Grünliberalen fünf Mandate erhalten – mit Hässig auf Platz fünf und damit gewählt.

Doch in letzter Minute kehre das Resultat zugunsten der Grünen: Deren Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (64) war gerettet. Bei der GLP mit vier Sitzen musste Hässig über die Klinge springen. «Das war brutal», erinnert er sich. «Bis Viertel nach neun war ich gewählt, doch nach der Schlussabrechnung musste ich den Weisswein wieder wegstellen.»

Mit dem zweiten Wahlgang bekommt er quasi eine zweite Chance. Und die will er nutzen. Zusammen mit Moser geht er deshalb auf Wahlkampftour. «Es ist höchste Zeit, dass jemand aus dem Pflegebereich im Nationalrat sitzt», sagt der Pflegefachmann. «200'000 Menschen arbeiten in diesem Beruf, da wäre es ja nicht schlecht, wenn jemand bei der Umsetzung der Pflege-Initiative direkt ein Wörtchen mitzureden hat.»

Auch in Sachen Kindermedizin hat er Ideen parat, die er in Bern einbringen möchte. Zudem würde er, der erst das KV gemacht und als Radiomoderator gearbeitet hat, bevor er in den Pflegeberuf wechselte, das Lager der Nicht-Akademiker in Bern verstärken. «Ich kenne den dualen Bildungsweg aus eigener Erfahrung», sagt Hässig. «Mir wäre es daher wichtig, die Berufslehre zu stärken.»

In Zürich entscheidet das Stimmvolk am 19. November, wer das Rennen macht. 

Das grosse Hoffen auf den Ersatzplätzen

Auch in anderen Kantonen kommt es zu interessanten Wahlkämpfen, bei welchem sich die ersten auf den Ersatzplätzen Hoffnung auf ein Nachrutschen machen können. 

  • Aargau: Im Aargau kämpfen SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner (41) und Mitte-Nationalrätin Marianne Binder (65) um den freien Platz im Stöckli. Macht Giezendanner das Rennen, rutscht Christian Glur (48) nach. Der Meisterlandwirt würde die Bauern-Lobby verstärken. Schon sein Vater Walter Glur (80) war einst SVP-Nationalrat. Bei einer Binder-Wahl hingegen würde Maya Bally (62) profitieren. Vor vier Jahren kandidierte sie noch selbst für den Ständerat – damals für die BDP.
  • Solothurn: Kann Franziska Roth (57) den Sitz des abtretenden Roberto Zanetti (68) für die SP verteidigen? Oder zieht mit Christian Imark (41) erstmals die Solothurner SVP in die kleine Kammer ein? Bei der SP würde mit der in Sri Lanka geborenen Pflegefachfrau Farah Rumy (31) der Nationalrat verjüngt. Bei einer Imark-Wahl würde die Immobilienberaterin Sibylle Jeker-Fluri (39) nachrücken.
  • Tessin: Im Tessin dürfte SVP-Chef Marco Chiesa (49) seinen Ständeratssitz verteidigen. Spannend wird es beim vakanten zweiten Sitz, um den sich die Nationalräte Fabio Regazzi (61, Mitte), Alex Farinelli (41, FDP) und Greta Gysin (40, Grüne) streiten. Bei der Mitte könnte Gewerkschafter Giorgio Fonio (39) nachrücken, bei der FDP die kantonale Fraktionschefin Alessandra Gianella (37) und bei den Grünen der Bergarzt Beppe Savary (71).
  • Genf: In Genf gab es in der ersten Runde ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Ex-Regierungsrat Mauro Poggia (64, MCG) und den bisherigen Ständeräten Lisa Mazzone (35, Grüne) und Carlo Sommaruga (64, SP). Bei einer Wahl Pioggias würde Daniel Sormanni (73) profitieren. Sollte SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz (44) Ständerätin werden, könnte der abgewählte Nationalrat Thomas Bläsi (52) gleich wieder nachrücken.
  • Waadt: In der Waadt ist noch ein Sitz frei – mit Ex-Staatsrat Pascal Broulis (58, FDP) in der Poleposition. Broulis wurde bereits in den Nationalrat gewählt. Wechselt er ins Stöckli, kann der abgewählte Daniel Ruch (69) im Nationalrat bleiben. Dasselbe gilt bei den Grünen für die abgewählte Valentine Python (48), sollte Raphaël Mahaim (39) das Rennen machen.
  • Wallis: Im Wallis erzwingt FDP-Nationalrat Philippe Nantermod (39) trotz deutlichem Rückstand auf die beiden bisherigen Mitte-Ständeräte einen zweiten Wahlgang. Sollte er die Überraschung aber schaffen, würde für ihn Rechtsanwältin Natacha Albrecht (43) nach Bundesbern kommen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?