Die Wirtschaft ist bisher relativ glimpflich durch die Corona-Pandemie gekommen. Eine entscheidende Stütze dabei: die Kurzarbeitsentschädigung. Eine breite Entlassungswelle wurde verhindert, indem die Arbeitslosenversicherung über einen gewissen Zeitraum einen Teil der Lohnkosten übernommen hat. Zeitweise waren Hunderttausende Arbeitnehmende in Kurzarbeit und die Betriebe auf ein unbürokratisches Vorgehen in der Krise angewiesen.
Der Bundesrat führte deshalb ein vereinfachtes Kurzarbeitsverfahren ein. Bei diesem wird jeweils angenommen, dass alle Kurzarbeiter in einem Betrieb ihr Pensum prozentual um gleich viel reduzieren. Zudem ermöglicht die Regelung, dass ein Betrieb nicht zuerst die Überstunden abbauen muss, bevor er Kurzarbeitsentschädigungen erhält. Eine riesige Entlastung für die Betroffenen.
Doch jetzt will das Wirtschaftsdepartement von SVP-Bundespräsident Guy Parmelin (61) die Hürden wieder erhöhen. Das bis Ende September geltende vereinfachte Verfahren soll dem Vernehmen nach nicht mehr verlängert werden.
Gemeinsamer Brief an Parmelin
Dagegen laufen die Sozialpartner nun Sturm. In einem gemeinsamen Brief – dieser liegt Blick vor – gelangen Arbeitgeberverband, Gewerbeverband, Gewerkschaftsbund und Gewerkschaftsdachverband Travailsuisse an den Bundesrat.
Sollte die Covid-Zertifikatspflicht bald einmal ausgeweitet werden, könnte dies auch Einfluss auf die Wirtschaft haben, befürchten die Sozialpartner.
«Wie sich die Einführung des obligatorischen Zertifikatsnachweises auf die wirtschaftliche Lage der Restaurants, Fitnesscenter oder Kulturbetriebe auswirken wird, ist nicht klar», schreiben die vier Verbände. Und sie machen sich Sorgen: «Es besteht das Risiko, dass die dem Obligatorium unterstellten Branchen Umsatzeinbussen erleiden.»
Befristung bis Ende September
Diese Umsatzeinbussen seien grundsätzlich über die Kurzarbeit abgesichert, halten sie in ihrem Schreiben fest. Die Krux dabei: Ein Teil der Kurzarbeitsregelungen in der Corona-Verordnung ist bis Ende September befristet.
Auf der Kippe stehen etwa das vereinfachte Abrechnungsverfahren, aber auch gewisse Leistungen für befristete Stellen, Arbeit auf Abruf oder Lehrverhältnisse.
Gemeinsam bitten die Sozialpartner daher den Bundesrat, die Verlängerung der auslaufenden Kurzarbeitsbestimmungen zu prüfen.
«Wesentlich aufwendiger»
«Ein grosser Teil der betroffenen Firmen hat in der Corona-Krise erstmals von der Kurzarbeit Gebrauch gemacht», argumentieren die Absender. Das vereinfachte Abrechnungsverfahren habe es ihnen erlaubt, einfach und rasch Liquidität zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern.
«Wenn die Firmen nun in der Schlussphase der Krise noch für eine kurze Zeit auf das wesentlich aufwendigere ordentliche Verfahren wechseln müssen, bedeutet das einen erheblichen administrativen Mehraufwand», heben Arbeitgeber und Gewerkschaften den Warnfinger.
Das erhöhe nicht nur das wirtschaftliche Risiko für die Firmen und gefährde Arbeitsplätze, wenn Kurzarbeitsgelder aufgrund von Formfehlern verweigert würden. «Sondern es kann auch eine Flut von Fragen an die Vollzugsstellen auslösen.» Das bedeutet auch Mehraufwand für die Beamten!
Verbandspräsidenten machen Druck
Um dem Schreiben Nachdruck zu verschaffen, haben alle Verbandsspitzen unterzeichnet – auch die vier Präsidenten Valentin Vogt (60), Fabio Regazzi (59), Pierre-Yves Maillard (53) und Adrian Wüthrich (41).
Ihr Gewicht werfen sie nicht ohne Grund zusammen in die Waagschale: Bisher stiessen die Sozialpartner beim Bundesrat durchaus auf Gehör, wenn sie sich geschlossen für Massnahmen zugunsten von Unternehmen und Arbeitnehmenden einsetzten.
Eine Verschlechterung würde angesichts der unsicheren Entwicklung jedenfalls nicht nur bei den Sozialpartnern auf Unverständnis stossen.